Buchempfehlung: “Luca Puck und der Herr der Ratten”

Luca Puck und der Herr der Ratten
Kleeberg, Michael

2012 Dressler

ISBN-10 3-7915-1170-X
ISBN-13 978-3-7915-1170-2

Jugendbuch 7. – 10. Klasse

Kommentar: Unterhaltung der besten Art: ein bisschen Grusel, ein bisschen Tiere, ein bisschen verrückte Welt, ein bisschen Heldenspiel. Zusammengehalten durch eine muntere Schreibweise, die kräftig mithilft, dem alltäglichen Einerlei mit Schwung zu entfliehen. (Albert Hoffmann)

„Ich hatte viel Glück in meinem Leben“ – ein Interview mit Max Kruse

Folgendes Interview erscheint in Kürze als Antolin-Spezial auf www.antolin.de

AH (Albert Hoffmann): Herr Kruse, Sie sind als Schriftsteller ein bei Alt und Jung sehr bekannt und haben bereits viele Preise erhalten, u. A. das Bundesverdienstkreuz. Sind Sie zufrieden?

MK (Max Kruse): Herr Hoffmann, ich bin gar kein so bekannter Schriftsteller. Darf ich Ihnen eine kleine Anekdote erzählen?

AH: Ja

MK: Ich war mal bei einem bekannten Talkmaster zu Gast. Der stellte seine Gäste dem Publikum vor und fragte: „Wer kennt Max Kruse?“ Etwa 10% der Leute haben die Hand hochgehalten. Dann fragte er: „Wer kennt Käthe Kruse? (= Mutter von Max Kruse/ berühmte Puppenkünstlerin) Hierauf meldeten sich ca. 50 % aller Teilnehmer. Schließlich fragte er: „Und wer kennt das Urmel?“ Da schossen 90% aller Hände hoch. Das ist meine Situation! Aber vielleicht ist das die komfortabelste, die es gibt.

AH: Zum Thema „Zufriedenheit“

MK: Man freut sich, wenn man einen Preis kriegt. Aber Sie wissen, wie es mit dem flüchtigen Glück ist. Es geht sehr schnell vorbei. Am Ende bedeutet das eigentlich nicht so viel. Zufrieden bin ich eventuell, wenn mir etwas gelingt. Im Grunde aber bin ich nie zufrieden, das will ich auch nicht sein. Endgültige Zufriedenheit, das wär ja Sattheit. Das wäre ja so viel wie „aufgeben“. Das kommt nicht in Frage!

AH: Herr Kruse, Sie stammen ja aus einer Familie, die sich immer schon etwas vom Normalbürger abhob. Ihr Vater war ein großer Künstler. Ihre Mutter, die Schöpferin der Käthe-Kruse-Puppen, ist jedem im Land bekannt. Waren solch große Eltern-Gestalten für Sie, der Sie sich doch schon sehr früh für das Bücherschreiben entschieden hatten, eher hinderlich oder förderlich?

MK: Eher förderlich. Mit meinem Vater hatte ich nahezu gar keinen Kontakt. Mein Vater war 68, als ich geboren wurde. Ich sah ihn mehr oder weniger als meinen Großvater an. Außerdem war er nie zu Hause. Zu meiner Mutter hatte ich einen sehr innigen Kontakt. Ich war das letzte Kind. Der Altersunterschied war ja auch relativ groß. Ich kann mich an überhaupt keine Situation erinnern, wo mir die Übergestalt meiner Mutter in irgendeiner Form eine Belastung gewesen wäre. Ich hatte auch keine pubertären Schwierigkeiten oder irgendetwas in der Art. Ich habe sie sehr geliebt, insbesondere in der Zeit, als ich mich im Ausland aufhielt. Ich hatte fürchterliches Heimweh.

Allerdings habe ich mich auch immer gegen zu viel Liebe gewehrt. Es gab nie ein Problem, auch nicht bei der Abnabelung vom Elternhaus. Als alter Mann muss ich sagen, dass ich meine Mutter wahnsinnig bewundere. Sie hat Enormes auf sich genommen, und vieles nützte mir sehr.

Meine Mutter hatte einen unglaublich interessanten, großartigen Bekanntenkreis. Als ganz kleiner Junge habe ich schon mit Gerhard Hauptmann  – auf der Insel Hiddensee war er unser Nachbar – ein paar Worte gewechselt. Ich durfte viele große und mittelgroße Schriftsteller (die oft viel interessanter sind als die großen!) schon ganz früh kennenlernen. Ein großer Schweizer Schriftsteller,  Jakob Schaffner, der heutzutage völlig in Vergessenheit geraten ist, hatte großen Einfluss auf mich. Ihm habe ich zu verdanken,  dass ich nach einer Jugend, in der ich überhaupt nicht auf der Schule war, mit 19 oder 20 den Entschluss gefasst habe,  das Abitur zu machen. Er hat gesagt: „Du musst das machen!“

Allerdings half da auch ein Mädchen, die Großnichte von Friedrich Nietzsche, in Weimar etwas mit. Nach einem Konzert saßen wir bei wunderbarem Mondschein auf einer Parkbank und küssten uns. Dann bin ich nach Hause zu meiner Mutter und habe gesagt: „Ich will nach Weimar, um das Abitur zu machen.“ Sie meinte hellsichtig: „Du bist verrückt! Da steckt doch ein Frauenzimmer dahinter!“ So ungefähr war das.

AH: Ihre Mutter hatte sicherlich viel zu tun. Da war die gut gehende Firma ….

MK: … die lief nicht immer so gut. 1929, während der Weltwirtschaftskrise, wäre es uns zum Beispiel sehr schlecht ergangen, wenn wir nicht ausländische Kunden, z. B. in der Schweiz gehabt hätten.

AH: … und dann eröffneten Sie ihr noch, Schriftsteller werden zu wollen.

MK: Aber das kam dem Herzenswunsch meiner Mutter entgegen. Sie war ja Schauspielerin gewesen und hatte eine starke Affiniät zur Literatur. Am liebsten hätte sie mich wohl als Nobelpreisträger gesehen. Den Wunsch konnte ich ihr natürlich nicht erfüllen (lacht). Schade, dass sie den Erfolg des „Urmel“ nicht mehr erlebt hat. Den des „Löwen“ schon. Es ist mir übrigens eine Genugtuung, dass das „Der Löwe ist los“ (1947 geschrieben, 1952 erschienen), heute immer noch aufgelegt wird.

AH: Fast schon ein Wunder, wenn man weiß, dass viele Verlage ihre Bücher oftmals bereits nach zwei Jahren von Markt nehmen.

MK: Manchmal schon nach drei Monaten. Nach sechs Monaten, sagt man, ist das Buch tot ….

AH: Das macht einen traurig, nicht wahr.

MK: Vor einigen Tagen habe ich von einer Dame einen Brief bekommen, in dem sie mir schreibt, dass eines meiner Bücher ihr Leben maßgeblich verändert hat.

AH: Ihre Geschichten sind vor allem in Fantasiewelten angesiedelt, nicht so sehr in der Realität. Ihre Figuren tragen lustige Namen und verbreiten gute Laune. Sehen Sie sich selbst als Spezialist für Humor und  Witz?

MK: Eigentlich bin ich ein eher schwermütiger Mensch. Denken Sie an die großen Clowns, bei denen ist es genauso.

AH: Kaum zu glauben.

MK: Einige meiner Figuren agieren mit Sprachfehlern.  Als ich das geschrieben hatte, bekam ich doch meine Zweifel und dachte: Das kannst du nicht machen. Ich ging zu meinem Verleger und sagte: „Wenn Sie das nicht wollen, nehme ich es raus.“ Da riss er die Hände hoch und rief: „Um Gottes Willen, das bleibt drin!“ Ich war sehr, sehr unsicher. Und dabei war und ist das der Clou!

AH: Ihr großer Durchbruch kam mit den Urmel-Büchern. Da kommen Versprecher vor in einer solchen Häufigkeit vor, dass man denkt: Der Witz kann doch gar nicht mehr wirken!

MK: (schmunzelt) Das hat mir noch nie jemand vorgeworfen. Aber sicher, Sie haben schon recht …

AH: Was mir noch aufgefallen ist: Die Namen sind in ihren Büchern manchmal ganz schön kompliziert. Aber das scheint die Kinder nicht zu stören …

MK: Ich kriege Briefe von Kindern, die mir Folgendes schreiben: „Lieber Herr Kruse, Sie sind ganz schön raffiniert; denn Sie zwingen uns, ganz genau hinzugucken!“ (lacht)

AH: Eine Anekdote wird immer wieder erzählt: die Sache mit der Tiefkühltruhe und der Urmel-Figur. Ich gehe davon aus, dass sie stimmt.

MK: Ja, die ist wahr. Ich fuhr eines Tages nach Hause und überlegte, was ich für meinen Sohn kochen könnte. Er aß gerne tiefgefrorene Forellen. Da kam mir der Gedanke, wie es denn wäre, wenn ein Tier aus der Eiszeit in unserer Zeit wieder aufgetaut werden würde und wieder lebendig wäre.

AH: Warum gefällt das Urmel den Kindern so gut?

MK: Es geht um eine Familie – was, glaube ich, der Hauptgrund ist; um eine in sich geschlossene, kleine Gemeinschaft mit kleinen Zankereien und Neckereien in einer exotischen Umgebung. Urmel ist im Tierreich angesiedelt, und die Tiere sind immer noch sehr beliebt bei den Kindern. Das zusammen macht den Erfolg aus. Später trug wahrscheinlich auch der Umweltgedanke einiges dazu bei.

AH: Ihnen ist etwas gelungen, von dem andere Schriftsteller nur träumen können: Ihre Geschichten wurden bereits frühzeitig in andere Medien übertragen: in das Theaterspiel (Augsburger Puppenkiste) und ins Fernsehen; ins Kino und in das große Theater in Form von Musicals.

MK: Ja, viele glückliche Zufälle reihten sich da aneinander. Ich hatte wahnsinnig viel Glück in meinem Leben. Mit meinen Eltern fing das an, mit den Übertragungen meiner Bücher in andere Medien ging es weiter. Wenn ich nicht einen Verleger gehabt hätte, der sich ganz mächtig dafür eingesetzte, dass „Der Löwe ist los“ von der Augsburger Puppenkiste ausgewählt wurde!!! Dass diese Geschichte dann zufällig auch als erster Farbfilm der Augsburger Puppenkiste im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, bedeutete wiederum Glück für mich. Ohne diesen glücklichen Umstand wäre der „Löwe“ wahrscheinlich heute schon längst tot. Und wer weiß, ob das „Urmel“ noch leben würde, wenn es nicht ebenfalls von der Augsburger Puppenkiste verfilmt worden wäre.

AH: Was mit Ihren Büchern geschehen ist, klingt heutzutage recht modern. Die elektronischen Medien drängen sich in diesen Zeiten in die Bücherwelt, viele Bücher erscheinen in Print- und Digitalversion, manche nur mehr als ebook. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, diese Sprünge von einem Medium ins andere?

MK: Das ist alles sehr verwirrend. Aber es ist natürlich nicht aufzuhalten. Nur dürfen Sie mich das eigentlich nicht fragen… Ich bin da sehr weit weg … in meinem Alter.

AH: Gibt es bei Ihnen so etwas wie eine undefinierbare Angst, wenn Sie an die zukünftige Welt der Bücher denken?

MK: Ich würde heute sehr ungern als Schriftsteller anfangen wollen. Das stelle ich mir sehr schwierig vor. Als ich begann, war das Buch für Kinder mehr oder weniger das einzige Medium. Es gab noch nicht einmal Fernsehen.

AH: Sie haben vielerlei Bücher in Ihrem Leben geschrieben: Gedichte, Jugendbücher, Bücher mit philosophischem sowie kritisch-religiösen Inhalts. Ein Buch möchte ich unbedingt ansprechen: „Das silberne Einhorn“, 2011 im Thiele-Verlag erschienen. Die feinen, leisen Töne herrschen hier vor. Der Weisheit eröffnen Sie in diesem Buch eine Bahn.

Bitte, Her Kruse, einen Satz zu diesem Buch, … weil es mir so am Herzen liegt, weil ich es so gut finde.

MK: Es ist ein sehr zärtliches Buch.

AH: Ich glaube, das Buch hat ein bisschen mit Ihrem Alter zu tun. Im Alter von 20 Jahren hätten Sie es vermutlich nicht in dieser Form geschrieben.

MK: Nein, ganz sicher nicht. Aber ich wundere mich oft, wie viele junge begabte Menschen schon eine enorme Reife aufweisen. Ich will jetzt nur mal Thomas Manns „Buddenbrooks“ erwähnen, die er mit 28 geschrieben hat. Oder Mozart mit seinen ganz großen Werken. Er starb bekanntlich mit 35 Jahren.

Auch bei mir gibt es Texte, die nach langer Zeit aus der Vergessenheit auftauchen, z. B. irgendwelche Blätter von mir, Jahrzehnte alt: Ich lese rein und denke mir: Hm, das ist gut, sehr gut! (lacht) Ich weiß also gar nicht, ob das (=das Erkennen von Weisheit) mit dem Alter zu tun hat…

AH: Dennoch glaube ich, dass ein junger Mann solche Weisheits-Aussagen im Allgemeinen nicht machen wird. Man braucht hierzu Lebenserfahrung, die „Story“ an sich erscheint da nicht so wichtig.

MK: Tatsächlich habe ich dieses Buch vor 15 oder 20 Jahren angefangen. Dann wusste ich nicht mehr weiter. Vor zwei oder drei Jahren fiel mir der Text wieder in die Hände. Und plötzlich war alles klar. Ich griff zum Papier und schrieb weiter; fand glücklicherweise auch einen Verlag, der es veröffentlichte.

AH: In „Das silberne Einhorn“ kommen Sätze vor, wie: „Weißt du nicht, dass man die größten Abenteuer in seinem Herzen erlebt und sonst nirgends?“ Natürlich schweifen hier die Gedanken des Lesers sogleich zu Antoine de Saint-Exupérys „Kleinen Prinzen“. Ist das beabsichtigt?

MK: Das ist keine Absicht, aber wir leben natürlich alle im Austausch und bauen aufeinander auf, sonst würden wir ja uns nicht weiter entwickeln. Ich bin da auch gar nicht so empfindlich. Ich weiß nicht, ob man mir deswegen einen Vorwurf machen kann. Eine bewusste Nachfolge ist das jedenfalls nicht. Es handelt sich ja auch um eine ganz andere Geschichte.

AH: Mit jetzt 91 Jahren schreiben Sie immer noch Bücher für die Jugend. Und das Verwunderliche daran: Sie werden von den Kindern und jungen Leuten immer noch angenommen.

MK: (lacht) Bald wird es eine neue Urmel-Geschichte geben. Und der Verleger sagt: „Das wird das schönste Urmel-Buch aller Zeiten!“

AH: Hierfür wünsche ich Ihnen viel Erfolg – und freue mich darauf! Herr Kruse, ich danke Ihnen für das Gespräch!

 

 

 

 

 

 

 

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Wie unterstützen neue Medien in der Grundschule? “LEHRERINFO” (Herausgeber: Kultusministerium Bayern) berichtet über Onilo und Antolin

Der Artikel über Onilo (Seite 14/15) in der Zeitschrift “Lehrerinfo”:

Lesefreude und die digitale Welt

Lesefreude und digitale Welt: Wie unterstützen neue Medien in der Grundschule? In dem Beitrag zum Thema Leseförderung mit Onilo und Antolin in der Zeitschrift “LEHRERINFO” werden die beiden Internet-Portale vorgestellt.

Die Lesefreude mit Onilo steigern

Das Fazit des Beitrags: Leseförderung sei gerade in der Grundschule ein zentraler Bereich der Medienpädagogik. “Onilo wie Antolin können auf unterschiedliche Weise dazu beitragen, Lesefreude bei den Schülern zu wecken und ihre Lesefähigkeit zu steigern.” Besonders bemerkenswert sei dabei, dass “der unterschiedliche muttersprachliche Hintergrund der Leser wird von beiden Programmen berücksichtigt.”

Experte für Leseförderung am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung:

“Die Lektüre von Onilo läuft auf das Buch hinaus”

Von den 6- und 7-Jährigen nutzen laut einer KIM-Studie bereits 72 Prozent Lernprogramme mehrmals in der Woche. “Die Verknüpfung multimedialer neuer Medien mit dem klassischen Medium Buch kann daher motivierende Anknüpfungspunkte bieten, holt sie doch viele Kinder in ihrer multimedialen und damit von Reizen geprägten Umwelt ab”, so lautet es in der Zeitschrift.

Hermann Ruch, Experte für Leseförderung am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung sagt in dem Beitrag über Onilo: “Sie [die Illustration auf Onilo] holt gerade die Kinder ab, die privat einer visuellen Überflutung ausgesetzt sind, und führt sie zur konzentrierten Auseinandersetzung mit Bild und Text. Die Lektüre auf Onilo läuft auf das Buch hinaus – macht Lust zum Nachlesen.”

Außerdem wird über das Projekt an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) berichtet: “Die Lesemotivation der Kinder wächst deutlich: “Die Kinder wollten weit intensiver und häufiger über das Gelesene sprechen – mit der Lehrkraft, den Eltern und ihren Freunden. Zusätzlich lesen die Kinder seitdem mehr Bücher – und sie lesen vor allem öfter von sich aus.”, so Anais Roustaizadeh von der LMU.

Antolin: Interview mit Sigrid Heuck

Das Interview ist Teil eines “Antolin-Spezial”-Beitrags auf www.antolin.de

Albert Hoffmann

(Interview mit Sigrid Heuck August 2012)

Draußen die Natur und die Welt, drinnen ein Himmel voller Bücher

Frau Heuck, Sie wohnen in Einöd. Wenn ich Sie und Ihr Haus betrachte, so hat Einöd wohl nichts mit Einsamkeit und Langeweile zu tun.

Nein, gar nicht. Es war wohl früher, als es die Straße noch nicht gab,  hier sehr einsam. Mein Haus, eigentlich eine alte Mühle, ist wahrscheinlich auch älter als die Ortschaft nebenan. In diesem Haus wohne ich seit 50 Jahren. Ich bin sehr glücklich hier, obwohl ich nicht bayrisch rede. Ich fühle mich sehr integriert, und jetzt, da ich alt bin, helfen mir alle. Das tut mir natürlich gut.

Sie waren nicht von Anfang an Schriftstellerin.

Nein, ich war Grafikerin und war das eigentlich auch mit Begeisterung. Meine Technik war die Collage – und die war damals recht gefragt. Eines Tages kam ein Lektor des Thienemann-Verlags auf mich zu und sagte: „Machen Sie ein Buch bei uns!“ Ich war begeistert: „Ja, das übernehme ich gerne!“

Ich habe ihm dann zwei „Vignetten-Bücher“ vorgeschlagen, bei denen die Kinder nie eine ganze Zeile am Stück lesen müssen. Die Hauptwörter sind als Bildchen dargestellt.

Eines dieser beiden Bücher war „Pony, Bär und Apfelbaum“. Ich habe es geschrieben, gemalt und schließlich alles zusammengeklebt. Heute würde man das digital machen. Das Buch hat sich in der ersten Auflage im kleineren Format 30.000 Mal verkauft. Dann wurde das Format vergrößert. Heute ist es in 16 Sprachen auf dem Markt.

Kann man sagen, dass Sie diese „Vignetten“-Art in Deutschland als Erste verwendet haben?

Ich habe sie WIEDER entdeckt. Der Verlag hat versucht, sie mit Musterexemplaren zu schützen, aber sie wurde kopiert und kopiert und kopiert.

Es gab so ähnliche Bücher im 19. Jahrhundert. Eines davon hatte ich bei meiner Großmutter gesehen. Da habe ich mir immer gedacht: Das muss ich nie ganz lesen. So ein Buch ist schnell verschlungen. So bin ich da drauf gekommen.

Frau Heuck, Sie wissen, dass Kinder, Grundschüler insbesondere, sehr gerne eigene Bücher anfertigen. Das haben Sie ja auch gemacht.

(lacht)

Ja, schrecklich! Auch ich habe als Kind ein Buch geschrieben. Es mir kürzlich in die Hand gefallen. „Purzel und die Lerche“ hieß es.

Sie hatten später eine Zeit, in der Sie viele Indianer- und Cowboy-Bücher geschrieben haben. Einige dieser Bücher wie beispielweise „Petah Eulengesicht“ wurden beliebte Klassenlektüre.

Ich habe angefangen mit dem Collage-Bilderbuch „Büffelmann und Adlerkönig“. Kurz darauf wurde ich gebeten, den Text für ein Kinderbuch zu entwerfen. Es wurde „Cowboy Jim“ daraus, später folgte ein zweiter Band. Beide erschienen in mehreren Auflagen.

Anschließend nahm ich den Auftrag an, 4-Minuten-Sandmännchen-Geschichten fürs Fernsehen zu schreiben, die später auch in Buchform erschienen. Da ich gerne Cowboy-Geschichten schrieb, aber das Schießen nicht mochte, war mein Cowboy einer, der nicht schoss, sondern viel lieber Süßigkeiten schleckte und kein großes, sondern ein kleines, schlaues  Pferd hatte. Mit diesen Büchern hatte ich schöne Erfolge. Alle anderen Western-Bücher sind Folgen davon. In diesen Büchern stecken eine Unmenge von Erfahrungen und Ideen, die ich hier mit den Pferden gemacht habe.

Wenn man sich Ihrem Haus nähert, wird man zunächst von Pferden begrüßt. Man spürt Ihre Liebe für Pferde aber auch in den Büchern.

Ja, ich bin mit Pferden aufgewachsen.

Die Pferdebücher nehmen einen großen Teil Ihres Lebenswerkes ein. Ein Pferdebuch fand besonders viele Liebhaber: „Colleen“.

Bei Colleen hat mich damals ein Lektor angerufen und gesagt: „Machen Sie doch wieder ein Pferdebuch!“ Ich dachte, es gibt doch eh so viele Pferde-Bücher; muss es denn noch eines sein?

Dann lag ich draußen in der Sonne und dachte nach. Plötzlich kam mir in den Sinn, ich könnte ja „zum Beispiel“ ein Buch über die Geschichte meiner Stute Colleen schreiben. Kurze Zeit darauf hieß tatsächlich die Erstausgabe „Zum Beispiel Colleen“, später dann nur noch „Colleen“. Ich erzähle in diesem Buch eine wahre Geschichte: wie ich Colleen in Irland gekauft und nach Deutschland gebracht habe; wie ich das Pferd mehr gepflegt als geritten habe. Wie viel Spott musste ich mir anhören, wenn ich, die körperlich Große, auf dem kleinen Pony ritt! (lacht) Colleen war eine Pferdepersönlichkeit. 24-jährig starb sie an einer Kolik.

Sie sind zwar sehr in Ihrer Einöde verwurzelt, aber gleichzeitig hat sie die Welt draußen immer interessiert.  Sie waren in Asien, (Süd-)Amerika, Afrika.

Wenn mir während des Reisens eine Idee kam, wenn mir irgendetwas auffiel, so notierte ich mir das. Oftmals wurde daraus ein Buch, wie zum Beispiel bei „Mondjäger“: Ich hatte in Südamerika den Eindruck, da kommen so viele Pseudo-Expeditionen in die Amazonas-Region. Sie gehen in den Urwald und suchen Indianer-Stämme, die bisher noch keine Berührung mit den Weißen hatten. Ich fand, dass dadurch unendlicher Schaden verursacht wird.

Der „Windglockentempel“ spielt in China.

Ja, in China war ich bereits vier Mal. Ich hatte die Idee zum „Windglockentempel“ und musste mehrmals dorthin, um Recherche zu betreiben.

Ganz besonders gut kennen Sie Nordafrika.

Ja, Afrika hat mich sehr interessiert.

Faszinierend ist Ihr Buch „Said‘s Geschichte“, ein Ergebnis Ihrer Reisen dorthin.

Mit einer Freundin war ich in Afrika. Wir ritten in einer kleinen Gruppe mit den Tuareg. Wir besuchten Mali. Die Frage, die sich mir stellte: Was brauchen die Leute in der Wüste tatsächlich? Alle Welt rennt hinter Geld und Schätzen her. Was ist in der Wüste das Allerwertvollste?

Ich erzähle in diesem Buch von einem Jungen, dem immer erzählt wurde, dass es in der Wüste einen Schatz gibt. Er sucht und sucht. Dann findet er Wasser und ist enttäuscht. Auf seinem Lebensweg lernt er schließlich, das Wasser zu schätzen.

Eines meiner Lieblingsbücher war und ist „Meister Joachims Geheimnis“. Als ich es zum ersten Mal las, war ich unendlich beeindruckt, als der Protagonist in ein Bild einstieg.

Ich bin immer zurückgegangen zu dem, was mich als Kind beeindruckt hat. Meine Mutter ging trotz der vielen Arbeit mit den Pferden immer wieder mit uns in Ausstellungen und Konzerte. In einer Breughel-Ausstellung hatte ich als Kind den Wunsch, in die mittelalterlichen Szenen der Bilder  hineinversetzt zu werden. Das hat mich mein Leben lang fasziniert. In einer Ramschkiste habe ich dann später zufällig ein Buch über den flämischen Maler „Patinir“ gefunden. Da hatte ich wieder diese Idee, in Bilder einzusteigen. So entstand dieses Buch.

Wegen Ihres Arbeitsplatzes dürften Sie von vielen beneidet werden: draußen der Teich, die Wiese, die Bäume; innen ist ihr Haus mit wunderbaren Bücher vollgestopft. Man könnte es mit einer Bibliothek verwechseln.

Ich habe von Kindheit an viel gelesen. Dann kam zwar das Fernsehen, aber das Lesen ist nie vergangen. Die innere Vorstellung, die durch das Lesen erzeugt wird, ist einfach gewaltig. Es ist mir mehrfach passiert, dass ich in Büchern einfach „weg“ war, dass ich in den Büchern gelebt habe. Habe ich es ganz besonders gerne, so will ich es besitzen. Bei mir gibt es eine Ecke, in der ich immer beim Lesen sitze. Da wird jedes Buch zum Erlebnis.

Ihr neustes Buch ist wieder ein Kinderbuch: „Schneckenkönig“. Für mich ist klar: Es kann nur hier, in dieser romantischen Umgebung entstanden sein.

An meinem Teich und in meinem Garten ist immer etwas los. Tiere vielerlei Art tummeln sich hier:  Isarläufer, Mandarin-Enten, Eisvögel, die nach den kleinen Fischchen tauchen; Ringelnattern im Teich (Kürzlich konnte ich beobachten, wie eine Ringelnatter einen Frosch fraß), ein Fuchs. Jetzt warten wir auf Waschbären. Im Moment habe ich eine Siebenschläfer-Plage im Haus. Diese Tiere sind sehr laut, sie laufen nachts im Haus herum.

Beim Schneckenkönig geht es um ein Mädchen, das ein ganz seltenes Schneckenhaus findet: eines, das sich links herum dreht. (So etwas gibt es tatsächlich! Aber eben sehr selten, ist aber für die Forscher sehr interessant.) Daraus habe ich einen fantastischen Krimi gemacht.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Timo Parvela im Interview

In Kürze wird auf www.antolin.de ein Antolin-Spezial über Finnland, bzw. finnische Kinder-und Jugendliteratur, die auch in deutscher Sprache erhältlich ist, erscheinen. Im Hinblick auf diese Veröffentlichung gelang es Herrn Hoffmann Timo Parvela, den derzeit erfolgreichsten finnischen Kinderbuch-Autor auf dem deutschen Markt, für ein Interview zu gewinnen.

Timo Parvela wurde 1964 in Finnland geboren und war Grundschullehrer, bevor er 1996 begann, Bücher zu schreiben.

Er hat bisher zahlreiche Kinder- und Jugendbücher und TV-Drehbücher sowohl für Kinder als auch Erwachsene geschrieben.

Seine Ella-Reihe wurde sehr erfolgreich und ist in seinem Heimatland Finnland Schullektüre. Im Mittelpunkt steht die Grundschülerin Ella, die aus ihrem Schulalltag erzählt. 

    

Albert Hoffmann (AH): Sie haben mit Ihren Ella-Büchern den Kindern im deutschsprachigen Raum eine große Freude gemacht.

You have made many German-speaking children very happy with the Ella books you have written. 

Timo Parvela (TP): Thank you, I’m very happy to hear that. I really hope that I could make a whole family enjoy Ella books.

 AH: Diese Bücher sind sehr lustig, die Szenen, die beschrieben werden, unendlich komisch. Haben Sie derartige Szenen in der Schule erlebt?

The books are very amusing, the scenarios you described in the book, are unbelievably funny. Have you yourself experienced similar things in school?

TP: Once I played football with my pupils. After the game all of them were nicely waiting by the pitch apart from two boys who were fighting in the middle of the playing field whether the score was 0-0 or 7-2. The events of the books aren’t usually directly from real life but sometimes they could be for every teacher recognises an Ella, Pekka, Hanna or Mika in their class. Ella books are more about language and the illusion it creates rather than what happens. Ella describes things from her own point of view in such a convincing way that the reader believes they have really happened even though it could just be her own interpretation.

AH: Wie hat Ihnen die Schule besser gefallen: als Schüler oder als Lehrer?

How did you like school better: as a teacher or as a student?

TP: It was a lot more fun to be a student but as a teacher you were allowed to eat as many buns as you wanted to.

AH: Eine der witzigsten Stellen in „Ella in der Schule“ ist das Kapitel, das im Schwimmbad spielt. Passierte etwas Ähnliches in Ihrer Zeit als Lehrer?

One of the most hilarious parts in the book  „Ella in school“ is the chapter that describes the visit in the swimming pool. Did something similar happen when you were a teacher?

TP: In fact, the story about the swimming hall was the first Ella story I have ever written. One could deduce something about it’s veracity by the fact that I wrote it the same night I had visited a pool with my own pupils.

AH: Was Ihre Bücher so besonders macht, ist das Verhältnis der Schüler zu ihrem Lehrer. Der Lehrer agiert nicht immer glücklich, manchmal ist er sogar ein Tollpatsch. Doch die Kinder lieben ihn, sie wollen ihm helfen. Dass die Kinder ihren Lehrer rundum mögen – ist das typisch für Finnland?

The relationship between the students and the teacher makes your books special.  The teacher doesn’t always act wisely (happyily?), sometimes he turns out to be a clumsy fellow. But the children love him, they want to help him. Is the fact that the students like their teacher despite his faults, typical for Finland?

TP: Well, first of all I’d like to remind that Ella books aren’t a documentary about the finnish school system although I can’t deny the fact that there are some special features related to our school. Perhaps it is the easy relationship between the teacher and the students that is very typical for finnish schools. Pupils here call the teacher by their first name or just “teacher” and a teacher in a class kind of exists more as a person than in many other countries. Perhaps because of this they forgive his mistakes a bit more easier. When you get to know someone you understand better that he isn’t perfect.

AH: Es gibt keine wirklich großen Konflikte in ihren Ella-Büchern. Die Schüler sind zwar teils sehr unterschiedlich, aber keiner wird ausgeschlossen. Ist das so von Ihnen beabsichtigt?

There are no really big conflicts in your Ella books. Although the students are quite different in their characters, nobody is being excluded or mobbed. Is this fact based on your intention?

TP: This is one of the most important messages I’ve wanted to get through in my books. You don’t have to be friends with everyone but you have to get on somehow. I know that’s not always the case in real life but in the books I’ve wanted to show it’s possible. If someone can’t do something you have to help him instead of ignoring him.

AH: Manche Szenen in Ihren Büchern sind so irreal (z. B. die Klassenfahrt nach Lappland), dass sie den Anschein erwecken, vom echten Schulleben weit entfernt zu sein.

Some scenarios in your books are unrealistic (i.e. the school trip to Lapland). They seem to be far-fetched from real life in school.

TP: When I started writing longer Ella stories, first I tried to find the right way to write an interesting story. That’s why in the first books the line between realistic and unrealistic is very thin. Later on the stories become more closely related to real life again.

AH: Welche Geschichten mögen Sie privat lieber: diejenigen, die nahe an der Wirklichkeit sind oder die, die in Fantasiewelten  spielen?

Personally, which stories do you prefer: the ones that are closer to reality or fictional stories?

TP: I think the best is to write a story that seems realistic but in fact is completely fictional.

AH: Möchten Sie mit Ihren Ella-Büchern Lehrern und Schülern eine Botschaft mitteilen?

Is it your intention to convey a message to teachers and students with your Ella books?

TP: I prefer to write a good, entertaning story but that kind of story usually needs to be based on an important and real message. I’m not trying to teach anyone but I don’t mind if someone learns something from them. Preferably the teacher.

AH: Wird es weitere Ella-Bände geben?

Are you planning to publish more Ella books in future? Hopefully also on the German market?

TP: The 17th Ella book has just came out in Finland so in Germany there will be a lot coming out in the next couple of years. I have, in fact, just made a deal with my German publishing house that all of the Ella books will be published.

 AH: Haben Sie mit dem großen Erfolg der Ella-Reihe im deutschsprachigen Raum gerechnet?

Did you expect the Ella books to become so successful in the German speaking countries?

TP: I have been very happy with the success of Ella books in Germany. I find Finland and Germany very similar, which the success proves as well. I have very much enjoyed my visits in Germany and meeting german teachers and pupils. You can never foresee popularity but I really hoped that german children, their parents and teachers would enjoy my books. And sometimes your wishes come true!

AH: Herr Parvela, ich bedanke mich für dieses Gespräch!

Mr. Parvela, thank you for the interview!

TP: Thank you! It was my pleasure. Information technology is amazing for I answered to your questions in our summer cottage in an island in the middle of a lake. Furthermore, the battery of my computer is almost dead and I forgot my charger back home 500km away so I had about 23 minutes to answer. Now I have only 3 minutes left and I hope I have just enough time to send this.

Sincerely,

Timo Parvela