Owlfinch (www.owlfinch.com) – Lesen im partnerschaftlichen Ambiente

Januar 2014, Albert Hoffmann

In Deutschland glaubten wir lange Zeit, die Leseunlust bei Kindern und Jugendlichen sei ein spezielles Problem unseres Landes. Weit gefehlt, inzwischen wissen wir: Mangelnde Lesefreude ist international. Ob Spanien, Polen, Norwegen, ja selbst die erfolgsverwöhnten finnischen Lehrer in den ländlichen Nordregionen klagen.

Nicht zuletzt über das groß angelegte EU-Schulpartnerschaftsprojekt „Comenius“ wurde den Lehrern im europäischen Raum bewusst, wie sich Trends unter jungen Leuten   länderübergreifend ausbreiten. Die mangelnde Bereitschaft der Schüler, zu Büchern zu greifen, ist ein Trend, die Sehnsucht nach Kontakten und Freunden, aber auch nach Selbstdarstellung ist ein anderer. Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten haben diese psychischen Empfindlichkeiten längst aufgespürt und kommen dem über Tablet und Smartphone via Facebook und Whatsapp sehr gerne nach. Hindernisse aufgrund von politischen, sprachlichen oder kulturellen Grenzen? Das war einmal.

Das alles stellt exakt das geistig-gesellschaftspolitische Umfeld dar, in dem Owlfinch entstanden ist. Den konkreten Anstoß gab ein Comenius-Regio-Projekt zwischen deutschen und finnischen Schulen. Man wollte zum Lesen motivieren, sich hierbei – im Tun – kennen lernen, man wollte aus dieser Partnerschaft profitieren, auf irgendeine Weise  gemeinsam zum Lesen finden. Die Erkenntnis, die hierbei gefunden wurde: Alleine zu lesen ist gut, Lesen im Kontakt zu einem anderen, anfangs noch fremden Schüler ist besser!

Das Produkt, das hierbei entstand, ist Owlfinch.com.

1

 

 

 

 

OWLFINCH FÜR SCHÜLER

2
Hat ein Schüler ein Buch gelesen, meldet er sich im Internet bei Owlfinch.com mit seinem Owlfinch-Login an. Sobald er das Buch, das er soeben gelesen hat, aufruft, wird er mit einem anderen Schüler (der Partnerklasse/ einer der Partnerklassen / seiner eigenen Klasse) verbunden. Während des Spiels ist der Partner noch geheim. Erst am Ende outet er sich.

Gut, wenn der Partner dieselben Fragen auch richtig hat. Denn dann gibt es zu den Pluspunkten für die richtige Antwort noch einen „Teampunkt“ dazu. Die Schüler arbeiten im Allgemeinen in ihrer Muttersprache. So kann ein polnischer Schüler durchaus auf einen spanischen treffen. Kein Problem, das Programm verarbeitet beides. Allerdings können die Spanier oder die Polen oder beide gleichzeitig auch Fragensätze in englischer Sprache bearbeiten. Warum sollten sie das nicht tun, schließlich lernen beide Englisch in der Schule – und können sich auf diese Weise in der Fremdsprache erproben. Ideal ist es, wenn dasselbe Buch erst in der Muttersprache, anschließend in der Fremdsprache bearbeitet wird. Dieselben Fragen, ein zweites Mal vorgelegt (wenn auch in englischer Sprache) lassen sich dann leichter beantworten.

Lesespiele

Damit keine Langeweile aufkommt, sind die Fragensätze/ Lesespiele sehr unterschiedlich gestaltet. In der Combo-Form enthalten sie:

a)    Richtig – falsch – Fragen

3

 

 

 

 

 
b)    Buchstaben-Einsetz-Fragen

4

 

 

 

 
c)     Bild-Antworten

5

 

 

 

 

 
d)    Meinungsfragen

6

 

 

 

 

Grundsätzlich gibt es auf alle richtig beantworteten Fragen Punkte, eine Ausnahme bilden die Meinungsfragen: Bei unterschiedlicher Ansicht von Akteur und Partner gibt es keinen (Minus-)Punkt, aber bei übereinstimmender Ansicht. Partnerschaft hat einen Wert per se.

Schülerseite:

Sie enthält Informationen über die Interessengebiete des jeweiligen Schülers, seine Leistungen im Lesen (via Owlfinch), die Partner im Allgemeinen und im Einzelnen sowie die Bücherliste, die bearbeitet werden kann: (Sämtliche Namen sind fiktiv)

7 89

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lehrerseite:

10
Dem Lehrer, dessen Verkehrssprache in Owlfinch Englisch ist, obliegt es, einen oder mehrere Partner zu finden. Hat er einen gefunden, z. B. über die in Owlfinch eingebaute „Partnersuche“, verbindet er beide Klassen mittels ConnectCode miteinander. In Absprache (per email) mit seinem Partnerlehrer legt er die Bücher fest, die aus der Owlfinch-Bibliothek in die „Klassenbibliothek“ rübergezogen werden. In idealer Weise sollten die Bücher für beide Klassen identisch sein. Es spielt keine Rolle, in welcher Sprache die Bücher ausgewählt werden. Ein Buch kann der Klasse in zwei oder mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt werden.

Der Lehrer sieht in einem Diagramm mit schnellem Blick die sich täglich ändernden Leseaktivitäten von seiner Klasse und der Partnerklasse(n). Nicht von Einzelschülern, sondern von der Klassenleistung im Gesamten. Die Einzelleistungen der Schüler seiner Klasse kann sich der Lehrer unter „Account“ ansehen.

12 11 13 14

 

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Aspekte (Stand: Ende Januar 2014)

  • Benutzerführung und Lesespiele werden derzeit in 9 Sprachen angeboten: Englisch, Deutsch, Finnisch, Polnisch, Russisch, Spanisch, Türkisch, Slovakisch und Katalan. Weitere werden folgen.
  • Owlfinch enthält im Augenblick mehr als 900 Lesespiele, nahezu täglich kommen weitere hinzu. Bevorzugt aufgenommen werden Bücher, die in mehreren Sprachen verfügbar sind.

15

16

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Owlfinch bietet den Schülern drei Lesespielarten: Neben dem Combo-Lesespiel (am häufigsten) finden auch reine Text-Lesespiele Verwendung. In nicht allen Fällen ist es für die Schüler notwendig, ein Buch vorher zu lesen: Die Lesespiele für ausgesprochene Sachthemen (zum Beispiel: Ritter und Burgen/Wald/ Bauernhof/Wikinger) zielen auf das Allgemeinwissen ab. Kleine Illustrationen zu jeder Frage unterstützen hierbei die richtige Lösung.
  •  Jedes Lesespiel kann nur in Partnerschaft gemacht werden.
  •  Ein Lesespiel kann mehrere Male gespielt werden, was vor allem für schwächere Leser oder für Schüler, die dies in einer Fremdsprache (Englisch) tun, vorteilhaft ist. Der spielende Schüler wird jedes Mal mit einem anderen Partner-Schüler verbunden.
  •  Zum Spaß kann sich jeder Schüler für seine Seite einen Avatar anfertigen.17

Erste Erfahrungen:

  • Die partnerschaftliche Anlage von Owlfinch enthält viel Pep und Abwechslung!
  • Die Schüler finden es sehr spannend, mit einer zunächst fremden Klasse, die zunehmend vertraut wird, zu „spielen“.
  • Wird eine Klasse etwas lesemüde, wird es kurz darauf die andere auch. Wird die eine Klasse wieder munter, zieht die andere kurz darauf nach.
  • Auch wenn bereits eine ganze Menge motivationaler Kraft in der Partnerschaft begründet liegt, ist dennoch das Engagement des Lehrers sehr förderlich; wenngleich sich die Arbeit des Lehrers organisatorischer und pädagogischer Art sehr in Grenzen hält.
  • Der Lehrer/ die Lehrerin hat so manche Möglichkeit, die Schüler zum Lesen mit Owlfinch zu ermuntern: ein Buch gemeinsam im Unterricht vorstellen, lesen; freie Lesestunde; Kooperation mit Bücherei …)
  • Eine gewisse Problematik stellen die benötigten Bücher dar. Hier empfiehlt es sich u. a., die jeweils anvisierten Bücher den Eltern bekannt zu geben. Manche kaufen sich diese Bücher dann selbst.

Lehrer-Tipps:

  • Eine überschaubare Zahl von Büchern freischalten (z. B sechs bis acht)!
  • Monatlich oder zweimonatlich weitere Bücher hinzuschalten!
  • Alle Bücher, die zugeschaltet werden sollen, mit dem Partnerlehrer absprechen!
  • Auch englischsprachige Bücher mit aufnehmen!
  • Nach einiger Zeit eine weitere Klasse hinzuschalten! Eine weitere Klasse könnte z. B. eine „exotische“ Klasse (= weit entfernt/ anderes Land/ Deutsche Auslandsschule) sein.
  • Eine Partnerschaft kann (von vornherein) auch als zeitlich begrenzt vereinbart werden, z. B. für drei Monate; z. B. für bestimmte Bücher.
  • In einem Schuljahr könnten zwei/ drei Partnerschaften gestartet werden.
  • Im Rahmen einer gut laufenden Partnerschaft bieten sich möglicherweise weitere Aktionen an: Austausch von Briefen/Grußkarten/Emails oder, falls räumlich nicht zu weit voneinander entfernt: gemeinsamer Wandertag.

 

Owlfinch.com ging im Oktober 2014 offiziell ans Netz.
Herausgeber: Albert Hoffmann (Albert Hoffmann ist auch Herausgeber von Antolin.de (in Zusammenarbeit mit dem Bildungshaus/ Schulbuchverlag Schroedel-Westermann, Braunschweig); er ist Initiator und           Ideengeber für Onilo.de (in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendbuchverlag Oetinger, Hamburg)
Owlfinch ist bis auf Weiteres kostenlos.
Im Augenblick arbeiten ca. 40 Klassen grenzüberschreitend mit Owlfinch, u. a. eine Comenius-Projektgruppe, bestehend aus Schulen aus sechs Ländern (Gymnasien, Mittelschulen, Hauptschulen).
Maria Turner (Lehrerin, Boblingen): „Großartig motivierende Leseübungen für unsere SchülerInnen!“

 

Onilo (www.onilo.de): Zusammen mit dem Lehrer Bücher lesen und erleben

Januar 2014, Albert Hoffmann

oniloUm sich die Welt erschließen, um sich im Alltag orientieren zu können, bedarf es der Schlüsselqualifikationen. Lesenkönnen ist eine der wichtigsten. Sie ist Voraussetzung zum Lernen, zum Bildungserwerb und zur Ausschöpfung aller beruflichen Möglichkeiten. Nicht zuletzt hat Lesen entscheidenden Anteil an der Persönlichkeitsentwicklung.

Genauso vielfältig wie die Folgewirkungen des Lesens sind die Wege, die dorthin führen. Sie stehen in engem Zusammenhang mit der Lehrperson: ihrem Einfühlungsvermögen, ihrem Engagement, ihrer Fantasie und ihrem Können. Ebenso beeinflussen diesen Lernprozess die zur Verfügung stehenden Lehrmittel; nicht zuletzt aber auch die Zeit, in der dieses stattfindet.

Unbestritten ist: Der Lesestart oder die Hinführung zum Buch findet im familiären Umfeld statt. Das Vorhandensein von Büchern, die Betrachtung lesender Erwachsener, die Wertschätzung der Bücher, die Gespräche über Bücher, der Besuch von Buchhandlungen und Bibliotheken, alles das prägt die Kinder. Die Eltern beeinflussen also indirekt ihre Kinder auf vielfältige Weise. Eine Methode dürfte erziehlich-pädagogisch allen anderen überlegen sein: das Vorlesen. Stellen wir uns folgende Situation vor: Eine Mutter/ ein Vater sitzt mit ihrem/ seinem Kind auf der Couch, in den Händen ein Bilderbuch. Bei kuscheliger Nähe zur Mutter/ zum Vater, bei deren vertrauter, Geborgenheit ausstrahlender Stimme erlebt das Kind Geschichten. Diese erfordern rationales Mitdenken, erlauben aber auch emotionale Reaktionen. Spannung, Höhepunkt sowie Freude über den Sieg des Helden werden von den Eltern miterlebt, die Buch-Charaktere gemeinsam beurteilt und eingeordnet. Eine intensivere, emotional positivere Erziehung zum Lesen und zum Buch als diese Ur-Situation des Lesens erscheint schwer vorstellbar.

6

Im Laufe des Heranwachsens zeigt sich das Kind zunehmend in der Lage, eine Geschichte alleine zu bewältigen.

Es greift selbständig nach Büchern. Diese Möglichkeit muss ihm auch gegeben  werden, schließlich ist Lesen in erster Linie ein höchst individueller Prozess.

Der Übergang erfolgt jedoch nicht abrupt. Er zieht sich mal langsamer, mal schneller hin. Die Erfahrung zeigt, dass die Kinder im Grundschulalter es durchaus noch als wohltuend empfinden, wenn der Lehrer/ die Lehrerin zusammen mit ihnen – wie einst die Mutter/ der Vater auf der Couch –  ein Buch liest und erlebt: mit allen Möglichkeiten des Nachfragens, des Klärens von Wörtern und Situationen, des Abschweifens, des Einbringens von eigenem Wissen und Erfahrungen, von emotionalen Äußerungen. Hier kann die Ursituation des Lesens noch nachschwingen.ändig nach Büchern. Diese Möglichkeit muss ihm auch gegeben  werden, schließlich ist Lesen in erster Linie ein höchst individueller Prozess.

Doch das gemeinsame Lesen und Erleben eines Buches scheitert in der Regel an den Unzulänglichkeiten des realen Alltags. Wie soll ein Lehrer bei 25 Kindern mit nur einem Buch den Zauber eines solchen Bilder-Geschichtenerlebnisses realisieren? (Eine größere Anzahl an Bücher ist aus Kostengründen schon nicht möglich.) Er könnte das Buch vorlesen und zwischendurch immer wieder einmal die entsprechenden Bilder herzeigen. Nichts sei gegen das Vorlesen generell gesagt, doch der Vorleser muss sich stets bewusst sein, dass seine vor ihm sitzenden Schüler mit den modernen Medien der heutigen Zeit vertraut sind. Mit deren Bildkraft, der Farbigkeit, den Bewegungen, dem Perfektionismus muss er – ob er will oder nicht – konkurrieren. Der Vergleich erfolgt unbewusst, doch er ist da.

Onilo, das im Februar 2011 eröffnete Internet-Leseprogramm, greift nun genau diese Situation auf und versucht die Ur-Situation des Mutter/ Vater-Kind-Lesens auf der Couch nachzuempfinden – mit den Mitteln der heutigen Zeit.

Eine Original-Bilderbuchgeschichte ist bei Onilo in ein digitales Medium verwandelt. Die Figuren sind hierbei teilanimiert, ausgesuchte Details gezoomt, manche Aspekte durch Spots hervorgeholt. Die hierbei verwendete Programmiertechnik ist „Flash“ von Adobe, ein System, das sich bei Internetdarstellungen weltweit bestens bewährt hat.

Die Original-Texte werden in „Lesehappen“ ein- und ausgeblendet, passend zur Geschichte, passend zum Bild, eine Lesemenge, die für Kinder leicht zu schaffen ist und Lust auf mehr produziert.

Für die Schüler gleitet die Story nahezu wie ein Film vorbei. Es ist die Mediensprache, die sie verstehen.

Die Boardstories, wie die medial aufbereiteten Bücher mit hohem Bildanteil bei Onilo genannt werden, kommen über das Internet und werden im Klassenzimmer entweder über Laptop und Beamer großformatig an die Wand projiziert oder – zeitgemäßer – über das Interaktive Whiteboard den Schülern präsentiert. Als große Überraschung darf folgende Beobachtung gesehen werden: So manche Szene, so mancher Satz erfährt durch die Gestaltungsmöglichkeiten des neue Mediums eine so starke Eindringlichkeit und Wirkung auf die Schüler, die das physische Buch nie erreicht.

Wie Grundschüler auf diese großformatige, lebendige, kräftige, zumeist farbige Bilderwelt reagieren? Sie sitzen mit offenen Augen und Ohren davor und verschlingen die Geschichte. Sie sind regelrecht gebannt. Immer wieder ein neues Farben-Szenario, kurze, leichte Texte, Bild und Text im Dienste der Dramaturgie, aufmunternde Animationen, spärlich und dezent, um die Lese-Konzentration nicht zu gefährden. Der leicht abgedunkelte Raum sowie die Ausrichtung auf das große, teilbewegte Bild fördert die Aufmerksamkeit, die gezielt auf einen überschaubaren Vorgang gelenkt wird. Jedes Zuviel an Information wird bewusst vermieden.

Der Text sollte von den Schülern erlesen werden (wenn Onilo als Leseförder-Instrument eingesetzt wird. Ebenso gut möglich: das Vorlesen des Lehrers), portionsweise, der Lern- und Verstehens-Geschwindigkeit der Schüler angepasst. Hier ist der Lehrer gefragt, seine geschulte Begleitung unerlässlich.

Mag für die Kinder die Präsentation einer Onilo-Story (= medial aufbereitetes Buch) einem Film nahekommen, objektiv gesehen trifft dies jedoch nicht zu. Der Lehrer liest die Geschichte/ das Buch/ die Boardstory in lebendiger Gemeinschaft mit den Kindern. Er bleibt Lehrer – in seiner ureigenen Funktion als Wissensvermittler und Erzieher. Mit dem Lesen untrennbar verbunden vollzieht sich das Sprechen über die Personen und deren Handlungsweisen. Lehrer und Schüler zeigen sich von der Story – vielleicht – berührt und ordnen den Gehalt des Ganzen in ihr Wertesystem ein.

Der Lehrer entscheidet bei Onilo per Knopfdruck über Anhalten und Fortgang der Geschichte.  Er gibt Impulse, klärt Begriffe und Szenen, wenn nötig, und stellt den Transfer her. Ebenso lässt er Diskussionen zu, akzeptiert Schülermeinungen und –erfahrungen. Die Schüler wissen um die Anwesenheit des Lehrers. Im Schutzraum des Klassenzimmers dürfen sie – von der Geschichte ausgelöst – Fragen stellen und sich emotional äußern. Dies ist vor allem bei Büchern wichtig, die Themen aufgreifen, die noch vor einigen Jahren als tabu galten: Sexueller Missbrauch, Sterben, Tod, Krankheiten wie zum Beispiel Demenz oder Krebs.

Hier ist der Lehrer mit seiner Persönlichkeit, seiner Lebenserfahrung und seinem pädagogischen Gespür angesprochen. Hier ist der Raum, bei dem er wichtige Hilfestellung für die Formung der Persönlichkeit geben kann. Das große Motto, das Onilo vertritt, lautet: Bücher gemeinsam (Lehrer und Schüler) lesen und erleben.

Ein schlichter Satz. Dahinter aber verbirgt sich Tiefe: Lebendigkeit, Hilfestellung, Offenheit, Mut, Wertschätzung. Aus diesem Erleben heraus nähert sich der Lehrer/ die Lehrerin hoffend dem anvisierten Ziel: „Freude am Buch – Freude am Lesen“.

Auch folgender Gedanke spielt eine Rolle: Erreicht man bei Schülern die emotionale Ebene, so dürfte der Erfolg sicher sein. Man darf annehmen, dass die große Leistung von Onilo darin liegt, die Bücher den Kindern auf emotionale Weise nahe zu bringen. Nicht die Ratio dürfte beim Lesen einer Boardstory im Mittelpunkt stehen, sondern Gefühle und Leidenschaften. Verantwortlich für das Entstehen dieser Emotionen sind die Bildkraft sowie die Ästhetik der Bilderbuch-Illustrationen; des Weiteren sind die generelle Heil-Wirkung von Geschichten, die Nähe des Lehrers, und das Gemeinschaftserlebnis zu nennen. Das Fehlen jeder Ablenkung (leichte Verdunkelung) verstärkt das Ganzen beträchtlich.

Wir alle wissen, dass die Kinder heute aus einer starken Bild-Umwelt kommen. Onilo greift genau diese vertraute Erfahrung auf, es holt die Schüler dort ab, wo sie sich gerade befinden. Anders ausgedrückt: Onilo setzt am Puls der Zeit an und führt die Schüler auf ungewöhnliche Weise zurück zum gedruckten Buch.

Methodische Wege in Onilo

a)    Art und Weise der Präsentation der Boardstories       

Jede Boardstory erscheint in zwei Variationen:

Als Teilversion, die bis zum Höhepunkt führt, dann aber abbricht und auf das physische Buch verweist. Der Hintergedanke: Die Schüler sollen nicht zu Computer und Fernsehen hingeführt werden, sondern zum Buch. Der Lehrer sollte also zumindest ein Buch-Exemplar der Boardstory, die er mit seinen Kindern liest, im Klassenzimmer haben, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, das Buch zu Ende zu lesen. Des Weiteren gibt ihm diese Version die Möglichkeit, den Schülern einen eigenen Schluss finden zu lassen: mündlich, aber auch schriftlich. Die Vorteile einer anschließenden Aufsatzerziehung liegen u. a. darin, dass die Schüler den Handlungsverlauf, die Festlegung der Figuren, aber auch den Wortschatz bereits parat haben und darauf zurückgreifen können.

Als Ganz-Version. Eine Boardstory kann mehrere Male mit den Kindern im Unterricht gelesen werden. Gute Geschichten werden, wie man weiß, von den Kindern immer wieder mit Freude aufgegriffen. Hier empfiehlt sich die Vollversion.

b)    Mitgeliefertes Arbeitsmaterial

Zu jeder Boardstory gibt es passgenaue, leistungsdifferenzierte, variationsreich gestaltete Arbeitsblätter, die als Anschlussarbeiten bzw. als Hausaufgabe den Schülern angeboten werden können.

Wer ein Smartboard besitzt, kann nach dem Lesen einer Boardstory mit den Schülern auch eine Reihe unterhaltsamer interaktiver Übungen zur Geschichte an der Tafel machen. Die Aufgaben sind als Wiederholung des Inhalts, als Weiterführung und als Transfer-Übung konzipiert.

Auch Sachunterrichtsthemen, wie zum Beispiel „Ritter und Burgen“, „Wald“ oder „Feuerwehr“ lassen sich auf diese Weise sehr gut darstellen und mit den Schülern bearbeiten.

c)    Onilo als Plattform für eigene Arbeiten

5

Onilo bietet dem Lehrer die Möglichkeit, eigene Texte hochzuladen. Das können zum Beispiel Tipps im Umgang mit den Boardstories sein, eigene Arbeitsblätter oder Stundenentwürfe; aber auch von Schülern entworfene Bilder-Geschichten oder Texte (eigener Schluss), die vielleicht im Anschluss an eine Boardstory entstanden sind.

d)    Individuelle Arbeit mit dem Schülercode

Der Lehrer hat die Möglichkeit, für jede Boardstory einen Schülercode zu erzeugen. Gibt er diesen an die Schüler weiter, so können diese – für den Zeitraum einer Woche – die jeweilige Boardstory zu Hause auf dem Home-PC, Laptop oder auf dem Tablet-Computer in voller Länge noch einmal oder öfter lesen. Dies kann zum Beispiel Lese-Hausaufgabe verstanden werden. Nach einer Woche erlischt die Wirkung eines Schülercodes.

Ebenso lässt sich der Schülercode für das Partnerlesen im Unterricht einsetzen. Der Lehrer gibt den erzeugten Schülercode an die Lesepartner (z. B. ein schwacher und ein starker Leser) weiter und bittet die Schüler an Einzel-PCs anhand der jeweiligen Boardstory das (halb-) laute Lesen zu üben.

e)    Onilo im Sachunterricht

Der Sachunterricht ist das Fach, in dem sich die Schüler nach Möglichkeit selbstständig (oder in Gruppen) handelnd und forschend neue Stoffe aneignen sollen. Hier dürfen sie in Gruppen- oder Partnerarbeit messen, Versuche durchführen, erproben, Ergebnisse festhalten, nachschauen, vergleichen, sich informieren, interviewen usw.

4

Der didaktische Ort für Onilo kommt hier tatsächlich erst an zweiter Stelle. Nicht alle Themen kann man sich im Unterricht in forschender Weise aneignen. Hierzu hat man nicht die Zeit, insbesondere bei sehr umfangreichen Themen („Wald“, „Ritter und Burgen“). Da kann dann Onilo viel leisten, ebenso wenn es um die Zusammenfassung des Stoffes oder um die Wiederholung geht. Da die Stoffmenge gewaltig ist, bietet sich das Nacharbeiten/ Lesen einzelner Kapitel an, die in Onilo separat angesteuert werden können.

Onilo für Leseanfänger, für langsame Leser, Fördergruppen u. dgl.

–        Lesen nach Silben

Für manche Schüler, insbesondere für solche, die Probleme beim Lesen und Schreiben haben, eignen sich Lesetexte mit farbigen Silbenmarkierungen besonders gut. Onilo bietet spezielle Boardstories nach der Silbenlesemethode an.

–        Einzelne Wörter werden durch Vignetten ersetzt

Seit Sigrid Heucks „Pony, Bär und Apfelbaum“ (1977) bedienen sich viele Bücher für Leseanfänger der Methode, Schlüsselbegriffe durch eine Illustration darzustellen. Auch einige Boardstorys greifen diese Idee auf, da sie insbesondere beim Einsatz von interaktiven Whiteboards die Kinder, insbesondere die Leseanfänger oder die langsamen Leser zu motivieren versteht. (Berührt man auf dem interaktiven Whiteboard einen illustrierten Schlüsselbegriff, springt dieser in ein geschriebenes Wort um.)

–        Deutscher und türkischer Text

Für Schulen mit deutsch-türkischem Zweig oder für Klassen mit hohem Migrationsanteil wurden in Onilo zweisprachige Boardstorys (deutsch/ türkisch) entwickelt. Man darf davon ausgehen, dass sich das Selbstwertgefühl der türkischen Schüler durch solche Lese-Aktionen verbessert – ohne dass dadurch dem Lehrer eine zusätzliche Arbeit entsteht. Ergänzend dazu gibt es auch die Arbeitsblätter in deutscher und in türkischer Sprache.

–        Geschichte mit Soundeffekten

Es mag zur Abwechslung oder für einen bestimmten Anlass durchaus sinnvoll sein, eine Bordstory mit Soundeffekten zu erleben, der dichteren Atmosphäre wegen oder einfach nur aus Spaß an der Sache. Die Schüler werden es dem Lehrer danken. Freilich sind die Hintergrundgeräusche ein- und ausschaltbar.

f)      Englische Boardstories

Seit Jahren lernen die Schüler überall auf der Welt Englisch von der Grundschule an. Dies ist der Bedeutung dieser lingua franca unserer Zeit geschuldet. Ein Mensch des 21. Jahrhunderts kommt ohne zumindest Grundkennnisse in dieser Sprache zu haben nicht mehr aus. Onilo greift auch diese Lehrplanvorgabe mit einer respektablen Anzahl von original-englischen Boardstories auf.

g)    Aufbereitenfunktion

Mit diesem Tool lassen sich die Boardstories personalisieren. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten mit der Arbeit am Text. Hiermit lassen sich Notizen in bestehende Boardstories einfügen, Gedanken oder Impulse für den Unterricht aufschreiben oder Fragen der Schüler notieren. Mit ausgeblendeter Textzeile können die Schüler eigene Texte schreiben, ihre Ideen vergleichen, besprechen, überarbeiten. Des weiteren können Kommentare zu der Handlung aufgeschrieben werden oder Mutmaßungen über den weiteren Verlauf.

Eine Lehrerin (2. Klasse) schreibt hierüber:

Jede Boardstory bietet in Thema, Sprache und Illustration ihr ganz

charakteristisches Profil, das sich für die spezielle Aufbereitung in gewählter

Form und passend zur Zielsetzung im Unterricht besonders gut einsetzen lässt.

Die Arbeit an unserer ersten Boardstory mit Aufbereitenfunktion “Komm bald

wieder, Lars” hat meinen Schülern und mir sehr viel Spaß gemacht.

Die Kinder waren noch stärker motiviert, soweit dies beim Lesen einer unserer

beliebten Boardstories möglich ist, und arbeiteten konzentriert an eigenen

Formulierungen für schwierige Begriffe und an Kommentaren zur Handlung. Das

erneute Lesen der selbst geschriebenen Texte auf dem Bildschirm verstärkte

ihre Bindung zum Text deutlich. Sie waren jetzt selbst Autoren, waren zu ihrem

Lars ins Buch und in die Geschichte hineingeschlüpft. Eine tolle Erfahrungen für

uns alle!

 

h)    Die große Vielfalt

Boardstories sind so unterschiedlich wie das Leben selbst. Ihre Vielfalt lässt sich den einzelnen Schulfächern Deutsch, Englisch, Sachunterricht und Religion/ Ethik zuordnen. Die Themen reichen von lustig/ unsinnig bis ernst/ nachdenklich. Letztere bieten in der Regel viel Diskussionsstoff.

1 2 3

 

 

 

 

 

 

 

 

Onilo stellt – neben Antolin – einen weiteren, eigenständigen Zugang zum Lesen dar. Dieser vom Bild her kommende, motivierende, die Klasse mit Lehrer als Gemeinschaft ansprechende Ansatz greift Befindlichkeiten und Bedürfnisse unserer Schüler auf. Hier werden die Schüler akzeptiert, wie sie sind. Man holt sie dort ab, wo sie sich befinden und führt sie über das digitale Medium zu den Büchern und den darin enthaltenen Geschichten und Texten.

Schließlich darf sich die Lehrperson noch aus einem weiteren Grund über Onilo freuen: Onilo gibt ihr nicht nur einen Weg für motivierende, den Erfolg garantierende, jederzeit einsetzbare Lese- und Literaturstunden an die Hand, es nimmt ihr auch beträchtliche Arbeit ab. Ihre Unterrichtsvorbereitung reduziert sich auf ein Minimum, es ei denn, sie entscheidet sich bewusst für ein ganz spezielles Projekt.

Onilo wird nach einer Idee und unter Mitarbeit von Albert Hoffmann, Rektor i. R. und Herausgeber von Antolin, vom Kinder- und Jugendbuchverlag Oetinger, Hamburg, betrieben. Oetinger bietet anderen Verlagen an, ihre Bücher ebenfalls in Onilo zu präsentieren.

Veröffentlicht in Onilo

New Reading Games on Owlfinch.com

German

  • Hans und die Bohnenranke (Jack and the Beanstalk) by Töwe, Nina
  • hans

 

 

 

 

 

 

Polnisch

  • Magiczny domek na drzewie – Noc wśród wojowników ninja (Magic Tree House – Night of the Ninjas) by Osborne, Mary Pope
  • nin

 

 

 

 

 

 

  • Magiczny domek na drzewie – Lwy z afrykańskiej sawanny (Magic Tree House – Lions at Lunchtime) by Osborne, Mary Pope
  • lio

 

 

 

 

 

 

  • Magiczny domek na drzewie – Wakacje pod wulkanem (Magic Tree House – Vacation Under the Volcano) by Osborne, Mary Pope
  • volp

 

 

 

 

 

 

  • Magiczny domek na drzewie – Noc na Titanicu (Magic Tree House – Tonight on the Titanic) by Osborne, Mary Pope
  • titp

 

 

 

 

 

 

  • Magiczny domek na drzewie – Łodzie wikingów (Magic Tree House – Viking Ships at Sunrise) by Osborne, Mary Pope
  • wikp

 

 

 

 

 

 

Spanish

  • Rufus y las piedras mágicas (Milo and the Magical Stones) by Pfister, Marcus
  • mil

 

 

 

 

 

 

  • El oso valiente y el conejo miedoso (Little Polar Bear and the Brave Little Hare) by Beer, Hans de
  • oso

 

 

 

 

 

 

  • Russell el borrego (Go to Sleep, Russel the Sheep) by Scotton, Rob
  • rus

 

 

 

 

 

 

  • Vamos a buscar un tesoro (The Treasure-hunting Trip) by Janosch
  • jan

 

Buchempfehlung: “Die Schwarzen Brüder – Roman in Bildern”

Die-Schwarzen-Bruder---Roman-in-Bildern-9783737364850_xxlDie Schwarzen Brüder – Roman in Bildern
Binder, Hannes; Tetzner, Lisa

2002 FISCHER Sauerländer

ISBN-10 3-7373-6485-0
ISBN-13 978-3-7373-6485-0

Ab Klasse 6

Kommentar: Vielen Deutschlehrern ist es sicherlich nicht mehr neu, dass sich Geschichten in Graphic-novel-Form durchaus als Klassenlektüre eignen können. “Die Schwarzen Brüder” ist so ein Buch, das vielen Schülern aufgrund seiner Leichtigkeit des Lesens und seines spannenden Informationsgehaltes in Wort und Bild (gleichermaßen!) große Freude bereiten wird. (Albert Hoffmann)

Antolin Spezial: Die Schönheit des Buches in Zeiten digitaler Veränderung

Antolin-Spezial, Juni 2013, Albert Hoffmann

Bücher werden ihrer Inhalte wegen geliebt. Ja natürlich. Doch dazu bräuchte es des physischen Buches nicht, dies übernimmt heutzutage in digitaler Version mindestens ebenso gut jedes noch so kleine Gaget. Zum Glück kann das Medium Buch auch auf sinnliche Vorzüge verweisen, die bleiben werden. Astrid Lindgren schreibt in „Das entschwundene Land“:

„Einen Duft aber gibt es, der lieblicher ist als der von Waldbeeren und frisch gebackenem Brot, möchtest du den mal  riechen, Albin? Mach es wie ich, nimm dein neues Märchenbuch, schlage es auf und bohre die Nase zwischen die Seiten, rieche daran, ja rieche, sage ich… denn in dem Duft der Druckerschwärze wohnt das grenzenloseste aller Abenteuer. Am Geruch spürst du, wie herrlich es wird, dieses Buch zu lesen.“

Als ich wieder einmal zu Besuch bei der Schriftstellerin Sigrid Heuck war, kam per Post ein von ihr gerade erschienenes Buch an. Als die Verpackung aufgerissen war, setzte die sonst so vernünftige, ruhig-bedächtige Dame zu einem wilden Tanz rund um das neue Buch an, der mich staunen ließ: Sie schwang es nach allen Seiten, sie hüpfte herum, sie küsste es, sie roch daran, sie fuhr immer wieder mit der Hand über Cover und die Buchseiten, sie drückte es an ihr Herz.

Bei solchen Augenblicken wird einem schnell bewusst, dass Bücher eine perfekte Erfindung sind. Sie weisen eine Identität und eine Kraft auf, die Menschen in ihrer Persönlichkeitsstruktur vielleicht sogar zu verändern vermag. Selbstverständlich gilt dem Inhalt der Primat, aber die äußere Erscheinung eines Buches ist ebenfalls von immenser Bedeutung. Die Modedesignerin Gabriele Strehle sagt: „Seit ich Modedesignerin bin, wurde immer wieder das optische Zeitalter beschworen. Ich bin davon überzeugt, das wir längst das haptische Zeitalter einläuten sollten. (…) Oft ist die Rede von der Liebe auf den ersten Blick, ob es um Menschen oder um Dinge geht. Ich glaube vielmehr an die Liebe auf die erste Berührung.“ Warum sollte nicht die Liebe zum Buch über die Berührung gehen? Einer solch geballten sinnlichen Wucht gegenüber erscheinen digitale Fragensätze eher von flüchtiger Natur.

Bei diesem Antolin-Spezial wird das Medium Buch mit Blick auf den Menschen mit all seinen Sinnen betrachtet. Die Inhaltsschwere niedergeschriebener Gedanken wollen wir diesmal ein wenig an den Rand drängen, gilt es doch im Zeitalter der elektronischen Lesegeräte die Buchgestaltung hervorzuheben, um dadurch auch den ästhetischen Wert eines Buches zu betonen, das vielleicht letzte sichere Terrain des Mediums Buch. Wir alle wissen, Bücher sind etwas Besonderes: sie bereiten Freude und wecken Inspirationen. Vielleicht noch wichtiger: Sie besitzen eine nahezu magische Anziehungskraft, die sich aus den Tiefen des Emotionalen nährt. Die sinnliche Kontaktnahme kann sich auf mehreren Ebenen vollziehen: über die Hand, den Geruch, möglicherweise auch über das Ohr; vor allem aber über das Auge.

Ist dieser Sinnes-Check erfolgreich verlaufen, tut sich der Verstand mit der inhaltlichen Aufnahme leichter. Die Hürden, sich ein Buch anzueignen werden kleiner. Der Autor Frank Maria Reifenberg, der sich viel mit der Leseunlust der Jungen beschäftigt, betrachtet gewisse Gestaltungselemente eines Buches als „Rutschbahn ins Buch“. Dazu gehört neben dem Umfang eines Buches (für leseunlustige Jungen darf ein Buch nie dick sein) ein gut erfassbares Schriftbild, die Größe der Buchstaben sowie die Auflockerung durch Illustrationen und überschaubare Kapitellängen.

Die Perfektionierung dieser „Rutschbahn“ stellt nicht zuletzt ein Mittel der Verkaufsförderung dar. Der visuellen Erscheinung (Cover/Illustrierung/Qualität des Papiers/Schriftgröße/Typologie) eines Buches kommt die größte Bedeutung zu.

Ist letztlich die Gestaltung eines Buches die Ursache für den Verkaufserfolg? Das ist leider nicht messbar. Dieser Aspekt liegt allerdings auch nicht unbedingt im Fokus der Buchproduzenten. Immer schon galt den meisten Buchmachern als Leitgedanke die Harmonie zwischen Form und Inhalt. Von entscheidender Bedeutung war für sie eigentlich immer die Passung eines guten Textes in eine entsprechend perfekte Gestaltung. Das mag nicht ganz einfach sein, aber es gelingt immer wieder neu. Ein Buch kann – bei optimaler Harmonie zwischen Inhalt und Form –  ein Kunstwerk darstellen, durchaus vergleichbar mit einem Gemälde, einer Komposition, einem Theaterstück.

Allerdings  –  wie viele Bücher mit exzellentem Inhalt gibt es, die sich nur schwer verkaufen lassen! Möglicherweise ist es die Aufmachung, die minderwertige Gestaltung, die den Inhalt nicht zum Leuchten bringt.

Freilich sollen im Gegensatz dazu nicht schwache Inhalte durch perfekte Buchgestaltung in den Himmel gehoben werden. Auch das wäre falsch.

Der (einfache) Leser sollte bei aller Begeisterung für künstlerische Gestaltung und geistige Höhenflüge auch nicht vergessen werden. Wer sich die Lesezahlen in Antolin genau ansieht, erkennt sehr schnell die Fälle, bei denen dieser Super-Gau eingetreten ist: eine Sehr-Gut-Note von Fachleuten für Inhalt und Gestaltung, doch kein (kaum ein) Schüler liest das Buch.  (Den umgekehrten Fall gibt es natürlich auch, gar nicht so selten: Ein eher mäßig gestaltetes Buch (oder Buchreihe) mit bestenfalls mittelmäßigem Inhalt trifft den Zeitgeist – und die Verlaufszahlen schnellen in die Höhe. Kann auch in Antolin sehr schön abgelesen werden.)

Generell aber gilt, und da möchten wir uns der Ansicht der „Stiftung Buchkunst“ gerne anschließen: Ein gut gemachtes Buch stellt einen Mehrwert dar, den der Leser/ Käufer in der Regel erkennt und schätzt, nicht zuletzt über seine Sinne. Ich wundere mich, wie man in den USA, auch in gut ausgestatteten Schülerbüchereien von noblen Privatschulen, zu glauben scheint, auch mit minderwertig gemachten Kinder- und Jugendbücher könne man Lesefreude schaffen. Beispiel: Die berühmte Buchreihe „Magic Tree House“ (Mary Pope Osborne) kenne ich eigentlich nur als Billigausgabe auf schlechtem Papier. Wie gut, dass der Verlag Loewe, der in Deutschland „Das magische Baumhaus“ vertreibt, diese Bücher in einer sehr sinnlich-gefälligen Form herausgibt! Gerade die schönen Bücher sind es, die lang anhaltende Freude und innere Erfüllung garantieren. Und dieses Glück lässt sich wiederholen, so oft man eines dieser Bücher aus dem Regal nimmt und darin schmökert. Bei manchen Verlagen hat man den Eindruck, sie haben sich der Schönheit und Buchkunst regelrecht verschrieben. Kaum ein Buch aus deren Häusern, das nicht höchsten Ansprüchen genügen würde. Deren Namen müssen hier nicht genannt werden. Man kann als Aufgabe formulieren: Wer sucht, der findet! (Gar nicht so schwer)

In drei Kapiteln sollen Bücher vorgestellt werden, bei denen die optimale Passung zwischen Inhalt und Gestaltung/ Form gelungen erscheint:

A)

Bücher, die mit Preisen der Institution „Stiftung Buchkunst“ versehen wurden: von dem Jahr 2000 bis 2013.

Um die preiswürdigen Bücher eines Jahres herauszufischen, wird hier ein dreiteiliges Bewertungsverfahren in Szene gesetzt.

Die erste Jury besteht aus sieben kompetenten, erfahrenen Personen: Buch-Herstellern, Buch-Gestaltern und einem Buch-Binder. Sie haben drei Tage Zeit, um sich alle eingesandten Bücher anzusehen und sie nach den Kategorien Konzept, gestalterische Umsetzung und Verarbeitung zu beurteilen.

Anschließend prüft eine zweite Jury alle diese Bücher. Auch sie besteht aus sieben Personen. Nun bekommen die einzelnen Bücher „Noten“. Solche mit schlechten Bewertungen fallen aus der Bewertungsprozedur raus. Mit den verbliebenen geht es dann in die letzte große Diskussion. Hier kristallisieren sich die Favoriten heraus. Am Ende des 4. Tages stehen dann die 5 x 5 schönsten Bücher deutscher Sprache fest.

Aus der Begründung zu „Mein kleiner Wald“ von Katrin Wiehle (Beltz & Gelberg Verlag)  der „Stiftung Buchkunst“ für die Auswahl zum „schönsten Buch“ in der Kategorie Kinder- und Jugendbücher:

wald

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Es lädt Kinder ab drei Jahren zu einem Besuch im Wald ein.
  • Goldige Hauptfiguren: freundlicher Fuchs, aufmerksamer Dachs, neugieriges Eichhörnchen
  • Das Erleben im Wald wird mit sparsamen Worten beschrieben.
  • Sehr wichtig: Hier wird die Idee der Nachhaltigkeit durch die Gestaltung betont.
  • Die gut lesbare Schrift steht zurückhaltend neben Illustrationen.
  • Die Illustrationen bestechen durch ihre natürlich und dezente Farbigkeit.
  • Abstrakt wirkende Illustrationen stehen detailreich gestalteten Elementen gegenüber.
  • Farben und Formen können miteinander verglichen werden.
  • Gedruckt auf Ökokarton mit Naturfarben
  • Wohltuende Absetzung von herkömmlichen, aufwändigen, glitzernden Produkten
  • Zeichensetzung durch (bescheidene) Materialität: Karton ist nicht cellophaniert, er behält seine natürlich haptische Oberfläche.
  • Spannung durch Kontraste: groß/klein, Fläche/Struktur, Pflanze/Tier
  • Entscheidend: Der Gegensatz des visuellen Mattigkeitsduktus zu dem Knalligen, Schrillen, Glänzenden, Reißerischen unserer täglichen Umwelt
  • Verbindung von Werten und ihren Repräsentationen: ein Lehrstück

B)

Bücher, ausgewählt nach ganz persönlichem Empfinden einer Einzelperson, in diesem Fall: Albert Hoffmann, Herausgeber von Antolin

Auch das muss erlaubt sein, trifft doch letztlich der Kunde im Buchladen die endgültige Entscheidung über Wohl und Wehe eines Buches, über Hype und Flop. Und dieser „Endverbraucher“, der Hingucker, der Interessierte, der Käufer ist in der Regel kein Fachmann; er entscheidet – das wollen wir mal so unterstellen – aus dem Bauch heraus. Und so ist er letztlich der Maßstab für die Wirksamkeit von Konzept und Schlüssigkeit, von Gestaltung und Inhalt. Unabhängig von Schönheits-Experten und Kompetenzteams bekommt da plötzlich des „Volkes Stimme“ eine gewaltige Aussagekraft. Was natürlich nichts über die innere Qualität eines Buches aussagt. Aber Beachtung finden sollte sie – im Konzert mit den anderen – auf jeden Fall.

 

C)

Künstlerbücher

Mit der Schönheit von Büchern haben sich die Menschen befasst, seit es Bücher gibt. Denken wir nur an das hingebungsvolle Malen der Ornamentik rund um eine Initiale bei einem Buch, das in mittelalterlichen Klöstern von Hand geschrieben wurde.

Auch Johannes Gutenberg befasste sich ganz bewusst auch mit der illustrativen Buchkunst.

Doch Künstler wären wohl keine kreativen Gestalter, wenn sie bei dem stehen blieben, was das Mittelalter ihnen vorgab. Wenn ein heutiger surrealistischer Künstler ein „Buch-Objekt“ startet, darf man Besonderes erwarten, etwas, das in der Lage ist, unsere Vorstellungs-Muster auf den Kopf zu stellen. Solche Künstler gehen über das hinaus, was für uns „Bücher“ sind. Der äußere Anschein eines Buches taucht zwar hierbei noch auf, im ursprünglichen Sinn gelesen werden kann so ein „Buch“ aber nicht mehr. Den Künstlern viel wichtiger ist es, dass alle Sinne  – neben der gedanklichen Auseinandersetzung – angesprochen werden. Als Kunstwerke sind sie dem Bereich „Skulptur“ zuzuordnen. Diese Kunstrichtung ist noch relativ neu, sie entstand im 20 Jahrhundert.