Interview mit Onilo.de

“Der Zauberschlüssel ist der Schülercode”

 

Herr Hoffmann, als Schuldirektor a.D. verfolgen Sie die aktuelle Situation an den Schulen sicherlich genau. Viele Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, digital unterrichten zu müssen. Was halten Sie für besonders wichtig, wenn statt eines Buches ein digitales Medium zum Lesen von Kindern genutzt wird?

Anhand vieler durchgeführter Studien wissen wir heute, dass das Vorlesen sich ausgesprochen positiv auf das Lesevermögen der Kinder auswirkt. Ob aus einem Buch oder von einem Bildschirm aus ist von sekundärer Bedeutung. Insbesondere in Lockdown-Zeiten bietet sich das Vorlesen bzw. Selberlesen per digitalem Medium geradezu an.

Onilo wurde zwar für die Schule und den Lehrer geschaffen, um Geschichten von Paul Maar über Cornelia Funke bis zu Kirsten Boie in Gemeinschaft lesen und erleben zu können, aber per Schülercode entfaltet Onilo seine Wirkung auch im familiären Bereich. Onilo als Türöffner zur fantastischen Welt zwischen den Buchdeckeln.

Mit Mama oder Papa an der Seite, kuschelig auf der Couch Geschichten lesen, erleben und über die Geschichte sprechen – da tun sich Wunderwelten auf. Die pädagogisch-wertvollen Momente entfalten sich bei Onilo vor allem auf emotionaler Ebene.

 

Leseförderung findet nicht nur in der Schule statt, auch die Bibliotheken haben mit ihren Vorleseveranstaltungen einen weitreichenden Einfluss. Doch momentan können keine Vorleseveranstaltungen in den Bibliotheksräumen stattfinden. Haben Sie auch einen Tipp für die Bibliothekare, wie sie ohne Präsenz-Veranstaltungen trotzdem das Lesen fördern können?

Oh ja, den habe ich. Der Zauberschlüssel hierbei ist der so genannte Schülercode in Onilo. Es bietet sich ein Leseprojekt an. Unser aktuelles Beispiel, das wir im Verbund mit der benachbarten Grundschule in Passau durchführen, sieht so aus: Zunächst verschicken wir eine Einladungs- /Info-Email an die Eltern. Meine E-Mail stelle ich gern hier als Beispiel zur Verfügung.

Anschließend folgt für die Eltern eine genaue Bedienungsanleitung für Onilo. Meinen Text können Sie zur Vorlage hier einsehen. Vielleicht der wichtigste Hinweis:

Ideal wäre es, wenn Ihr Kind nicht vor dem Computer allein gelassen wäre. Mit Ihnen, liebe Eltern, zusammen, ist es pädagogisch weitaus effektvoller. Die Texte, die ins Bild fließen, sind bewusst knapp gehalten, um sie in Ruhe lesen zu können. Ob Ihr Kind liest oder Sie ist nicht so entscheidend. Sie werden selbst sehr schnell die optimale Vorgehensweise herausfinden.

Zwischendrin dürfen Sie durchaus mit Ihrem Kind über die Geschichte sprechen. Bei Onilo gibt es keine Hektik. Das nächste Bild/der nächste Satz erscheint erst, wenn Sie es wollen. Hierzu drücken Sie wieder (mit der Computer- Maus) auf die Play-Taste. 

 

Als ehemaliger Schulleiter haben Sie sicherlich viele Stress-Situationen kennengelernt. Haben Sie noch einen Tipp für alle, egal ob Eltern beim Homeschooling, Lehrkräfte oder Bibliothekare, wie man am entspanntesten durch diese Zeit kommt?

  1. Viel an die frische Luft: wandern, spazieren gehen, wenn möglich täglich.
  2. Sich etwas Gutes gönnen: hin und wieder feines Essen von einem Restaurant bestellen.
  3. Gute Musik entspannt hören
  4. Gedichte der deutschen Klassik lesen
  5. Sich handwerklich beschäftigen

 

Das Interview erschien auf onlio.de unter folgendem Link: https://www.onilo.de/aktuelles/homeschooling-und-lesefoerderung-interview-mit-herrn-hoffmann

Veröffentlicht in Onilo

Online-Lesestoff für Kinder im zweiten Lockdown

Michaela Geyer (v.l.) mit ihren drei Kindern Maxi, Basti und Michael beim Lesen mit dem Programm. −Foto: privat

Kinderbücher werden lebendig: Die Internetplattform “Onilo” bringt in der zweiten Coronawelle, in der auch die Büchereien geschlossen haben, nicht nur die Bücher nach Hause zu den Kindern, sondern fördert auch die Lesekompetenz. Dafür hat “Onilo” Kinderbücher digitalisiert und zum Teil animiert.

Wenn sich die Figuren auf Fotos oder Bildern bewegen, kennt man das sonst nur aus Fantasy-Filmen wie Harry Potter. Albert Hoffmann hat “Onilo” vor zehn Jahren in Passau kreiert und dabei die Idee gehabt, mit einigen wenigen Bildanimationen in Kinderbüchern, Lesen viel intensiver und spannender zu gestalten. Bekannte Geschichte werden dabei für ein neues Medium aufbereitet. Heute hat Hoffmann Anteile an dem Programm und ist in beratender Funktion noch mit von der “Onilo”-Partie. Das Programm wird federführend von StoryDocks im Hamburg betrieben.

Ursprünglich sollte es nur in Schulen zum Einsatz kommen. Das Projekt war für die Leseförderung gemacht. “Man muss sich das so vorstellen, dass Lehrer das veränderte Bilderbuch groß mit einem Beamer beispielsweise an die Wand werfen und die Schulkinder im Halbkreis um die Bildfläche versammelt sitzen und das dann gemeinsam lesen und erleben”, erklärt Hoffmann sein Projekt. Da könne dann auch kein kleiner Umtreiber auf der falschen Seite sein, oder etwas mit Bleistift auf die Seite schmieren.

Einen Film aber wollte Hoffmann bewusst nicht daraus machen, denn das Lesen solle im Vordergrund stehen. Die bewegten Bilder, die in den ursprünglichen Kindergeschichten starr sind, faszinieren Kinder und fördern so die Leselust.

Das Programm bietet unterschiedliche Versionen: Man kann die Texte auch vom Computer vorlesen lassen, dann blättert es automatisch weiter. Den Schwerpunkt will Hoffmann aber anders legen: “Es geht darum, ein Buch gemeinsam zu erleben!” Deshalb soll nicht ein Kind alleine vor dem Computer sitzen, sondern die Geschichten sollen zusammen mit Eltern oder Lehrern gelesen und erlebt werden.

“Das ist ein Programm, bei dem Emotionen eine große Rolle spielen dürfen”, beschreibt der Gründer seine Plattform. Außerdem gibt es auch didaktisch und pädagogisch wertvolle Anpassungsmöglichkeiten, wie die Seiten eines Buches auch mal ohne Text anzeigen zu lassen. Das helfe dann bei der Sprecherziehung. “Wenn die Lehrkraft das Bilderbuch mit den Kindern liest und dann am nächsten Tag die Geschichte wieder herzeigt, aber ohne Text, können die Kinder erzählen, was sie gestern gelesen haben und üben so das Sprechen.”

Durch Einsetzen der zweiten Coronawelle mussten die Büchereien wieder schließen und es können keine Bücher mehr ausgeliehen werden. Deshalb verkauft Onilo nun auch Zugänge für Privatpersonen und verschickt in Zusammenarbeit mit der Pfarrbücherei Hacklberg sowie der Grundschule Hacklberg einmal pro Woche digital ein Buch.

Und auf genau dieses Buch warten die Kinder von Andrea Rösch jede Woche schon sehnsüchtig. Die Familie kam durch die älteste Tochter mit dem Programm in Kontakt. “Mittlerweile ist sie zehn Jahre alt, aber als sie vier war, hat sie bei den Onilo-Lesestunden mitgemacht”, erzählt Andrea Rösch. Seitdem ist die Familie dem Leseprogramm treu geblieben. “Jetzt gerade lernt mein 6-Jähriger damit das Lesen.” Auch die ältere Tochter sitze immer noch dabei. “Zur Entspannung”, sagt Rösch lachend.

Für sie gleicht Onilo einem vereinfachten Hörspiel, nur dass die Kinder die Sätze sehen und mitlesen können. Manchmal verschaffe das Programm mit der Vorlesefunktion auch ein paar Minuten Ruhe, denn die Kinder lauschen dann gebannt der Geschichte und man könne sich anfallenden Pflichten widmen. Auch Michaela Geyer liest die animierten Geschichten mit ihren Kindern. “Es ist tatsächlich so, dass sich die Jungs schon immer auf die Geschichten freuen”, erzählt die dreifache Mutter und fügt an: “Auch toll ist, dass jetzt passend zur Weihnachtszeit die Geschichte ,Elias und das Christkind‘ verschickt wurde.” Dabei ist Maxi der älteste Sohn, er ist gerade eingeschult und lernt das Lesen. Deswegen geht die Familie die Geschichten oft zweimal durch, einmal drückt Michaela Geyer auch öfter die Pausetaste und Maxi kann das Lesen üben. Das nächste Mal wird der Durchlauf dann schneller. Maxis zwei kleinere Brüder sind noch nicht eingeschult, aber trotzdem begeistert mit dabei. Durch die Animationen stelle das Programm eine Mischung aus Fernseher und Buch dar. “Ich denke das ist eine gute Verbindung für die Kinder.” 

Lily Paßberger

Dieser Artikel erschien in der PNP vom 24.12.2020:

https://www.pnp.de/lokales/stadt-und-landkreis-passau/passau-stadt/Online-Lesestoff-fuer-Kinder-im-zweiten-Lockdown-3872468.html

Veröffentlicht in Onilo

Onilo (www.onilo.de): Das Gebot der Nachhaltigkeit bei der Leseförderung

Februar 2014, Albert Hoffmann

„Nachhaltigkeit“ hat sich in den letzten Jahren neben seinen Bedeutungen in Wissenschaft, Forstwirtschaft und Politik auch zu einem zentralen didaktisch-pädagogischen Begriff entwickelt.  Hier erfährt es Anwendung in seinem ursprünglichen Sinn, der, abgeleitet von dem Verb „nachhalten“ „längere Zeit andauern oder bleiben“ meint.

Nimmt man zu „Nachhaltigkeit“ den hier als Gegensatz zu verstehenden Begriff „Event“ dazu, so lassen sich damit die allseits gebräuchlichen Methoden der schulischen Leseförderung gut strukturieren und schließlich auch bewerten.

Leseaktionen mit Eventcharakter erfreuen sich in vielen Schulen großer Beliebtheit, schaffen sie doch einen emotionalen Höhepunkt im Schulalltag, ohne die ein Schuljahr totlangweilig wäre. Nicht zu vergessen die sich bietende Chance, einen größeren Artikel in der Tagespresse landen zu können.

Ein typisches Beispiel hierfür ist die „Lesenacht“. Deren hauptsächlicher Effekt besteht in dem Ansprechen der Schüler mit all ihren Sinnen. Das mag aus pädagogisch-erziehlichen Gründen durchaus sinnvoll sein; dass sich dadurch dauerhafte Leseaktivitäten einstellen, ist jedoch mehr als fraglich.

Welche Schule veranstaltet nicht eine „Lesewoche“ mit Autorenlesung, Buchausstellung, Vorleseaktion durch Bürgermeister oder Bankdirektor und Basteln von Lesezeichen? Die Wunschvorstellung: der Einmalerhitzer macht aus lesemüden Schülern hochmotivierte Leser. Welcher Trugschluss!

Die Lese-Event-Reihe ließe sich fortsetzen: Kinobesuche (Literaturverfilmung), Theaterbesuche (Klassiker!), Vorlesen älterer Schüler in der Grundschule, Vorlesen von Schülern im Altersheim, der jährlich stattfindende Vorlesewettbewerb, Buch-Kunst-Aktionen mit Künstlern usw. Beenden wir diese Aufzählung und fragen uns lieber staunend, warum so manche Schulleiter und Lehrer sich damit zufrieden geben – und die entsprechende Lehrplanvorgabe „Leseförderung“ damit als „erledigt“ ansehen.

Um nicht missverstanden zu werden: Auch „events“ haben ihre Daseinsberechtigung an Schulen, doch der Wunsch nach dauerhafter Wirkung, insbesondere beim Lesen, ist elementar.  (Haben die Psychologen nicht schon immer auf die Notwendigkeit der beständigen Wiederholung hingewiesen?)

Und genau auf diese zielt die Vorstellung von „Nachhaltigkeit“ ab.  Da hat eine Grundschule in einem leer stehenden Klassenzimmer ein opulent ausgestattetes „Lesezelt“ aufgebaut. Die Schüler sitzen in einer kleinen Arena um das Vorleser-Podest herum. Auf diesem steht ein bequemer Plüschsessel. Die Beleuchtung ist dem Lese-Ereignis angepasst und auf den Vorleser fokussiert. Hier ist es den Schülern fast unmöglich, nicht aufmerksam zu sein. Die Klassen kommen zu dieser „Feierstunde“ fest nach Stundenplan einmal die Woche hierher, mal liest der Lehrer vor, mal die Kinder.  Das Zelterlebnis  ist so dicht, dass für Lehrer und Schüler diese Stunde als eine Art Wellness betrachtet wird.

Interessant, dass schlichtes Vorlesen im normalen Klassenzimmer als Methode in Finnland und Österreich bis in die heutige Zeit gepflegt wird. Niemand, der das in Frage stellen würde; niemand, der ob der „verlorenen Unterrichtszeit“ jammert! Die Betonung liegt auf regelmäßigem Vorlesen.

Weitere Dauerbrenner in Sachen Nachhaltigkeit: Permanente Bücherausstellungen im Schulhaus, Schulbücherei im Eingangsbereich des Schulhauses, eine/n eigene/n Bücherei-BetreuerIn, eine feste Lesestunde in der Stundentafel, regelmäßig agierende Lesepaten, regelmäßige Beschäftigung mit Literatur-Themen im Unterricht.

Als äußerst bedeutsam für die Nachhaltigkeit entwickeln sich zusehends Internet-Leseprogramme. Dank ihrer Motivationskraft, ihrer permanenten Erreichbarkeit, ihren Analyseinstrumenten, ihrer Fähigkeit, die Schüleraktivitäten zu erfassen und zu notieren, ihrem Angebot zur Selbsttätigkeit der Schüler (Antolin.de/ Owlfinch.com) –

oder der herrlich-teilanimierten, bildbetonten Geschichten, die mit dem Lehrer zusammen erlebt und (laut) gelesen werden (Onilo.de).  Es wäre viel zu schade, ein Programm wie Onilo, das Kindern mit so viel Wärme und Emotionalität Zugang zu Büchern verschafft und ihnen die Wunderwelt der Geschichten aufschließt, nur im Bereich des Events sehen zu wollen (obwohl es auch diesen Part übernehmen könnte). Onilo hat die Qualität und die Energie, den Kindern Bücher als “Genussmittel“ nahezubringen. Wie sagte doch einmal eine Lehrerin: „Am Freitag lesen wir (=Klasse und sie) mit großer Vorfreude Onilo-Boardstories, dann gehen wir in locker-heiterer Stimmung ins Wochenende.”