Fanny und die Liebe (2021)

“Fanny und die Liebe”
von Sara Ohlsson (Autor), Jutta Bauer (Illustrator), Friederike Buchinger (Übersetzer)
ISBN: 9783895654176
Moritz Verlag

Nennen wir es empathische Begabung, wenn ein Autor/eine Autoin eines Kinderbuchs sich mit schwebender Leichtigkeit im Denken, Sprechen, Fühlen und Handeln auf Kinder-Ebene zu bewegen versteht. Ein Paradebeispiel hierfür kommt wieder einmal aus Schweden: Sara Ohlsson mit “Fanny und die Liebe” aus der Fanny-Reihe. 

Auch wenn mit sechs bis acht Jahren die kindlichen Eigenheiten sowie die Suche nach Welt- und Lebenserfahrung noch bestimmend sind, haben diese Kinder dennoch ein Recht darauf, wertgeschätzt und in ihrer Persönlichkeit ernst genommen zu werden. Wie das funktionieren kann, zeigt uns Sara Ohlsson.

Die kleine Fanny, die mit Ester, ihrer besten Freundin, am liebsten Pferd spielt, wird eines Tages von eben jener Ester aus der Bahn geworfen. Und zwar mit dem Satz: “Du kannst in mich verliebt sein, wenn du willst.” Fanny, hierauf nicht vorbereitet, antwortet ausweichend. Als sich Esther am Schulschluss nicht mehr von ihr verabschiedet, hat Fanny ein Problem. Für Sara Ohlsson reicht die Verstörtheit sowie der Klärungsprozess in Fanny für ein Thema aus. Genug Material für ein ganzes Buch? Aber ja, auch das Leiden der kindlichen Seele hat eine Existenz und beansprucht Raum. 

Wie ein Psychotherapeut nähert sich Sara Ohlsson der Sache, vorsichtig, bedächtig, ernsthaft, immer aber wertschätzend und liebevoll. Zu großes Tempo hierbei wäre ein Fehler. Keine Gefahr bei dieser Autorin. Sie versteht es mit Feingefühl, die Angespanntheit des Inneren in die richtigen Worte nach außen zu übertragen. Besonders das Wort “Verliebtsein” belastet Fanny, es ist ihr in seiner Bedeutung zu nebulös. So wendet sie sich an die Personen, die sie am besten kennt: Mama und Oma. Diese helfen in einfacher, keineswegs banaler Sprache: “Man kann jemanden ja auch sehr gern haben, ohne verliebt zu sein”, meint Mama. Klugerweise müllen sie Fanny nicht mit Fachwissen aus der Erwachsenenwelt zu. Der Tag nimmt seinen Lauf, wie sonst auch. In Fanny arbeitet das Thema weiter und schwappt immer wieder an die Oberfläche.

Abschluss und Lösung findet Fanny schließlich mit einer haptischen Tätigkeit, dem Bemalen des Schmetterlings-Steines in Esters Lieblingsfarben. Sie wird ihn ihr schenken, darum schreibt sie auch in Glitzerfarben ESTER drauf. 

Sara Ohlsson weiß, wie man aus einem scheinbar winzigen Thema eine wundervoll-spannende, beglückende Geschichte machen kann, wenn man nur nahe genug an der Kinderseele bleibt. Die Bleistiftzeichnungen der großartigen Illustratorin Jutta Bauer ergänzen im Gleichklang das heiter-ernste Buch, das zu den Edelsteinen der aktuellen Kinderliteratur zählt. 

Lesealter: 7-9 Jahre
Daumen:  5