Onilo (www.onilo.de): Bücher – zusammen mit dem Lehrer lesen und erleben

Unbestritten ist die Lesekompetenz eine der Schlüsselqualifikationen, die einer Person das Zurechtkommen in unserer Gesellschaft sichert sowie ihr  Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet. Über den Weg dorthin gibt es durchaus verschiedene Ansichten. Gehen wir aber ruhig davon aus, dass mehrere Zugänge zum Lesen führen. Gerade die Vielfalt stellt wohl die Garantie für den späteren Erfolg dar.

Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass der Ausgangspunkt des Lesens letztlich auf einer einzigen pädagogische Situation beruht: Eine Mutter/ ein Vater sitzt mit ihrem/ seinem Kind auf der Couch, in den Händen ein Bilderbuch. Bei kuscheliger Nähe zur Mutter/ zum Vater, bei deren vertrauter, Geborgenheit ausstrahlender Stimme erlebt das Kind nun Geschichten. Diese erfordern rationales Mitdenken, erlauben aber auch emotionale Reaktionen. Spannung, Höhepunkt sowie Freude über den Sieg des Helden werden von den Eltern miterlebt, die Buch-Charaktere gemeinsam beurteilt und eingeordnet. Eine intensivere, emotional positivere Erziehung zum Lesen und zum Buch als diese Ur-Situation des Lesens erscheint schwer vorstellbar.

Im Laufe des Heranwachsens zeigt sich natürlich das Kind zunehmend in der Lage, eine Geschichte alleine zu bewältigen. Diese Möglichkeit muss ihm auch gegeben  werden, schließlich ist Lesen in erster Linie ein höchst individueller Prozess.

Der Übergang erfolgt jedoch nicht abrupt. Er zieht sich mal langsamer, mal schneller hin. Die Erfahrung zeigt, dass die Kinder im Grundschulalter es durchaus als wohltuend empfinden, wenn der Lehrer/ die Lehrerin zusammen mit ihnen – wie einst die Mutter/ der Vater auf der Couch –  ein Buch erliest und erlebt: mit allen Möglichkeiten des Nachfragens, des Klärens von Wörtern und Situationen, des Abschweifens, des Einbringens von eigenem Wissen und Erfahrungen, von emotionalen Äußerungen. Hier kann die Ursituation des Lesens noch nachschwingen.

Doch das gemeinsame Lesen und Erleben eines Buches scheitert in der Regel an den Unzulänglichkeiten des realen Alltags. Wie soll ein Lehrer bei 25 Kindern mit nur einem Buch den Zauber eines solchen Bilder-Geschichtenerlebnisses realisieren? (Eine größere Anzahl an Bücher ist aus Kostengründen schon nicht möglich.) Er könnte das Buch vorlesen und zwischendurch immer wieder einmal die entsprechenden Bilder herzeigen. Nichts sei gegen das Vorlesen generell gesagt, doch der Vorleser muss sich stets bewusst sein, dass seine vor ihm sitzenden Schüler mit den modernen Medien der heutigen Zeit vertraut sind. Mit deren Bildkraft, der Farbigkeit, den Bewegungen, dem Perfektionismus muss er – ob er will oder nicht – konkurrieren. Der Vergleich erfolgt unbewusst, doch er ist da.

Onilo, das im Februar 2011 eröffnete Internet-Leseprogramm, greift nun genau diese Situation auf und versucht die Ur-Situation des Mutter/ Vater-Kind-Lesens auf der Couch nachzuempfinden – mit den Mitteln der heutigen Zeit.

Eine Original-Bilderbuchgeschichte wird bei Onilo in ein digitales Medium verwandelt. Die Figuren werden hierbei teilanimiert, ausgesuchte Details gezoomt, manche Aspekte durch Spots hervorgeholt. Die hierbei verwendete Programmiertechnik ist „Flash“ von Adobe, ein System, das sich bei Internetdarstellungen weltweit bestens bewährt hat.

Die Original-Texte werden in „Lesehappen“ ein- und ausgeblendet, passend zur Geschichte, passend zum Bild.

Für die Schüler gleitet die Story nahezu wie ein Film vorbei. Es ist die Mediensprache, die sie verstehen.

Die Boardstories, wie die medial aufbereiteten Bücher mit hohem Bildanteil bei Onilo genannt werden, kommen über das Internet (www.onilo.de) und werden im Klassenzimmer entweder über Laptop und Beamer großformatig an die Wand projiziert oder – zeitgemäßer – über das Interaktive Whiteboard den Schülern präsentiert. Als große Überraschung darf folgende Beobachtung gesehen werden: So manche Szene erfährt durch das neue Medium eine so starke Eindringlichkeit und Wirkung auf die Schüler, die das physische Buch nie erreicht.

Wie Grundschüler auf diese großformatige, lebendige, kräftige Bilderwelt reagieren? Sie sitzen mit offenen Augen und Ohren davor und verschlingen die Geschichte. Immer wieder bewegt sich irgendetwas. Ihre ganze Aufmerksamkeit wird gezielt auf den jeweiligen Vorgang gelenkt. Jedes Zuviel aber wird bewusst vermieden. Wichtig ist, dass der Bildfluss nicht unüberschaubar wird und die Geschichte interaktiv bleibt.

Der Text muss erlesen werden, portionsweise, der Lern- und Verstehens-Geschwindigkeit der Schüler angepasst. Die Aufnahme der Geschichte wird begleitet durch den Lehrer.

Mag für die Kinder die Präsentation einer Onilo-Story (= medial aufbereitetes Buch) einem Film nahekommen, objektiv gesehen trifft dies jedoch nicht zu. Der Lehrer liest die Geschichte/ das Buch/ die Boardstory in lebendiger Gemeinschaft mit den Kindern. Er bleibt Lehrer – in seiner ureigenen Form. Mit dem Lesen untrennbar verbunden vollzieht sich das Sprechen über die Personen und deren Handlungsweisen. Lehrer und Schüler zeigen sich von der Story – vielleicht – berührt und ordnen den Gehalt des Ganzen in ihr Wertesystem ein.

Der Lehrer entscheidet per Knopfdruck über Anhalten und Fortgang der Geschichte. Er gibt Impulse, er klärt Begriffe und Szenen, wenn nötig, und stellt den Transfer her. Ebenso lässt er Diskussionen zu, akzeptiert Schülermeinungen und –erfahrungen. Die Schülern wissen um die Anwesenheit des Lehrers. Im Schutzraum des Klassenzimmers dürfen sie – von der Geschichte ausgelöst – Fragen stellen und sich emotional äußern. Dies ist vor allem bei Büchern wichtig, die Themen aufgreifen, die noch vor einigen Jahren als tabu galten: Sexueller Missbrauch, Sterben, Tod, Krankheiten wie zum Beispiel Demenz oder Krebs.

Hier ist der Lehrer mit seiner Persönlichkeit und seinem pädagogischen Gespür gefragt. Hier ist der Raum, bei dem er wichtige Hilfestellung für die Formung der Persönlichkeiten geben kann. Bekanntlich haben in der Regel Rechtschreiben oder Sprachlehre nicht diese Chancen für die Persönlichkeitsbildung wie es Bücher bieten.

Jede Boardstory erscheint in zwei Variationen:

a)     Als Teilversion, die bis zum Höhepunkt führt, dann aber abbricht und auf das physische Buch verweist. Der Hintergedanke: Die Schüler sollen nicht zu Computer und Fernsehen hingeführt werden, sondern zum Buch. Der Lehrer sollte also zumindest ein Buch-Exemplar der Boardstory, die er mit seinen Kindern liest, im Klassenzimmer haben, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, das Buch zu Ende zu lesen. Des Weiteren gibt ihm diese Version die Möglichkeit, den Schülern einen eigenen Schluss finden zu lassen: mündlich, aber auch schriftlich. Die Vorteile einer anschließenden Aufsatzerziehung liegen u. a. darin, dass die Schüler den Handlungsverlauf, die Festlegung der Figuren, aber auch den Wortschatz bereits parat haben und darauf zurückgreifen können.

b)    Als Ganz-Version

Eine Boardstory kann mehrere Male mit den Kindern im Unterricht gelesen werden. Gute Geschichten werden, wie man weiß, von den Kindern immer wieder mit Freude gelesen. Hier empfiehlt sich die Vollversion.

Zu jeder Boardstory gibt es passgenaue, leistungsdifferenzierte, variationsreich gemachte Arbeitsblätter, die als Anschlussarbeiten bzw. als Hausaufgabe den Schülern angeboten werden können.

Wer ein Smartboard besitzt, kann nach dem Lesen einer Boardstory mit den Schülern auch eine Reihe unterhaltsamer interaktiver Übungen zur Geschichte an der Tafel machen. Die Aufgaben sind als Wiederholung des Inhalts, als Weiterführung und als Transfer-Übung konzipiert.

Auch Sachunterrichtsthemen, wie zum Beispiel „Ritter und Burgen“, „Wald“ oder „Feuerwehr“ lassen sich auf diese Weise sehr gut darstellen und mit den Schülern bearbeiten.

Onilo bietet dem Lehrer die Möglichkeit, eigene Texte hochzuladen. Das können zum Beispiel Tipps im Umgang mit den Boardstories sein, eigene Arbeitsblätter oder Stundenentwürfe; aber auch von Schülern entworfene Bilder-Geschichten oder Texte (eigener Schluss), die vielleicht im Anschluss an eine Boardstory entstanden sind.

Der Lehrer kann des Weiteren für jede Boardstory einen Schülercode erzeugen. Gibt er diesen an die Schüler weiter, so können diese – für einen begrenzten Zeitraum – die jeweilige Boardstory zu Hause auf dem Home-PC, Laptop oder auf dem Tablet-Computer in voller Länge noch einmal oder öfter lesen. Dies könnte durchaus als Lese-Hausaufgabe verstanden werden.

Onilo stellt – neben Antolin – einen weiteren, eigenständigen Zugang zum Lesen dar. Niemand wird bezweifeln, dass dieser Ansatz perfekt in unsere Zeit passt. Hier werden die Schüler akzeptiert, wie sie sind. Man holt sie dort ab, wo sie sich befinden und führt sie zu den Büchern und den darin enthaltenen Geschichten und Texten.

Schließlich darf sich der Lehrer noch aus einem weiteren Grund über Onilo freuen: Onilo gibt ihm nicht nur einen Weg für motivierende, den Erfolg garantierende, jederzeit einsetzbare Lese- und Literaturstunden an die Hand, es nimmt ihm auch beträchtliche Arbeit ab. Seine Unterrichtsvorbereitung reduziert sich auf ein Minimum.

Onilo wird nach einer Idee und unter Mitarbeit von Albert Hoffmann, Rektor i. R. und Herausgeber von Antolin, vom Kinder- und Jugendbuchverlag Oetinger, Hamburg, betrieben. Oetinger bietet anderen Verlagen an, ihre Bücher ebenfalls in Onilo zu präsentieren.